Können Salate und Gemüse im Winter ohne Heizwärme angebaut werden? Ist in mobilen Folientunneln möglich. Feldversuche in Österreich liefern interessante Ergebnisse. Und ein Demonstrationsbetrieb im schwäbischen Murrhardt erfreut mit frischen Wintersalaten gerade seine Kundschaft auf den Wochenmärkten.
Über den ganzen Winter gedeihen auf dem Wacholderhof verschiedene Salate im Roll-Tunneln für den Verkauf auf dem Wochenmarkt. Foto © Andreas Greiner
Umdenken erforderlich
Die klassischen Salate und Gemüse sind etwas für Frühling, Sommer und Herbst. Für den Winter gibt es dann noch ein paar Spezialisten wie Feldsalat, Lauch oder Kohlsorten. So die verbreitete Meinung. Doch damit bleiben vielversprechende Potenziale im Hinblick auf eine energieeffiziente Landwirtschaft und regionale Wertschöpfungsketten ungenutzt. "Wir müssen hier umdenken", so der Agraringenieur Wolfgang Palme. "Viele unserer gärtnerischen Feingemüse und Salate sind viel kälteresistenter als wir ihnen landläufig zutrauen". Der Abteilungsleiter für Gemüsebau an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt im österreichischen Schönbrunn führt auf seiner Praxisversuchsstation Feldversuche zur Entwicklung einer energieeffizienten Landwirtschaft durch. Seit 15 Jahren laufen Projekte im ungeheizten Winterfrischgemüsebau. Die Ergebnisse zeigen: Auch ohne technische Heizwärme können Gemüsebetriebe über den ganzen Winter eine Vielzahl an Kulturen zur Ernte bringen. Dazu gehören die Winterklassiker wie Rosenkohl oder Grünkohl ebenso wie italienische Zichorien, Zwiebelgewächse oder zahlreiche Salate und Küchenkräuter. Der Schutz von Folientunneln reicht in vielen Fällen aus, damit die Pflanzen im Winter gut gedeihen. Vor allem flexible Roll-Tunnelsysteme zeigen hier ihr Potenzial.
Flexible Roll-Tunnel
Das Besondere an diesen Roll-Tunnelsystemen ist ihre leichte Struktur. Sie lassen sich ohne großen Aufwand auch mehrmals pro Jahr verschieben und werden nur dann und dort eingesetzt, wo sie wirklich gebraucht werden. Wenn eine Kultur geerntet ist, kommt der Folientunnel an eine andere Stelle. Entscheidend ist dabei nicht nur der Effekt auf der geschützten Fläche: Auf den freigelegten Boden wirken immer wieder Regen, Schnee, Wind, Frost und direktes Sonnenlicht ein. "Und das macht einen Unterschied für die dauerhafte Gesunderhaltung des Bodens", so Wolfgang Palme. Bodenmüdigkeit, Versalzungen durch einseitige Fruchtfolgen und übermäßige Vermehrung bestimmter Schädlinge und Krankheiten im herkömmlichen geschützten Gemüsebau sind nicht nur in der konventionellen Produktion zum Problem geworden. Solche mobilen Strukturen sind hilfreich, um den Boden immer wieder den natürlichen Witterungsbedingungen auszusetzen und vielseitig zu bepflanzen. Auch ökonomisch sind Rollfolientunnel von Vorteil: Der wertvolle geschützte Raum wird den Kulturen im Jahresrhythmus nur punktgenau dann angeboten, wenn sie ihn wirklich brauchen. Die restliche Kulturzeit stehen sie im Freien, was sich positiv auf die Pflanzengesundheit und den Gehalt an wertgebenden Inhaltsstoffen auswirkt.
Wintersalate im süddeutschen Bergland
Der Wacholderhof, ein Demonstrationsbetrieb Ökolandbau, macht im Schwäbischen Wald in einer Höhenlage von rund 500 Metern mit dem Wintergärtnern gerade vielversprechende Erfahrungen. Finanziert über ein Förderprogramm für Nachhaltige Entwicklung des Rems-Murr-Kreises konnte der Betriebsleiter David Burkhardt 2022 fünf Roll-Tunnel anschaffen. Über den ganzen Winter wachsen verschiedene Salate wie Batavia, Eichblatt, Grüner Salat, Feldsalat, Winterpostelein, Rucola sowie Mangold, Kohlrabi und Petersilie. So kann er seiner Kundschaft auf den Wochenmärkten in Backnang und Murrhardt das ganze Jahr eine breite Palette an regionalen Frischeprodukten bieten. Gleichzeitig reduziert er den Anteil der bisher zugekauften Importwaren. Damit stärkt er die regionale Wertschöpfung und leistet einen Beitrag zum Klimaschutz.
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Quelle: oekolandbau.de
Veröffentlichungsdatum: 24. Januar 2023