Die Bundesregierung muss jetzt das 30 Prozent Öko-Ziel anpacken, um Klimaschutz, Artenvielfalt und Ernährungssicherheit zu stärken
Bio kann das Umsatzplus aus der Coronazeit weitgehend halten. Der Bio-Umsatz liegt im Jahr 2022 bei 15,3 Milliarden EUR und somit 25 Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2019 und nur 3,5 Prozent unter 2021.
Branchenbilanzkonferenz IFOAM und BÖLW. Foto © Frank Boxler / NürnbergMesse GmbH
Jeder 7. Hof wirtschaftete 2022 ökologisch. Mit einem Plus von 3,5 Prozent gibt es nun 36.548 Bio-Höfe in Deutschland. Für mehr Klimaschutz und Artenvielfalt: Die Bio-Flächen stiegen um 3,7 Prozent auf 1.869.227 ha.
Anlässlich der Eröffnung der BIOFACH, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, und der Vorstellung der Bio-Branchenzahlen, bilanziert Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):
„Der Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen zeigten auf dramatische Weise, dass Bio durch die größere Unabhängigkeit von fossilen Energien und den daraus hergestellten synthetischen Dün-gemitteln krisenfester ist als eine nicht-regenerative Wirtschaftsweise. Über 55.000 Bio-Betriebe in Deutschland zeigen jeden Tag auf dem Feld, im Stall und mit ihrem Unternehmen, dass Bio die unmittelbare und funktionierende Lösung für die Krisen ist, in denen wir uns aktuell befinden: Denn Bio sorgt mit seinen stabilen, regionaler orientierten Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette für weniger Abhängigkeit von fossiler Energie, für mehr Umwelt- und Klimaschutz und für eine sichere, gesunde und vor allem geschmackvolle Ernährung.“ Andres kritisiert, dass „bisher ausgerechnet diejenigen durch höhere Steuern bestraft werden, die in Produktion oder Konsum zu mehr Gemeinwohl beitragen. Die Bundesregierung kann und muss jetzt durch Maßnahmen, wie einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Bio-Lebensmittel, zu fairen Wettbewerbsbedingungen beitragen. Eine nicht-nachhaltige Produktion mit jährlich 90 Milliarden EUR Kosten für Umweltfolgeschäden* können wir uns nicht mehr leisten!“
Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des BÖLW, kommentiert die Bio-Branchenzahlen:
„Bio kann das Umsatzplus aus der Coronazeit trotz der aktuellen, anspruchsvollen Herausforderungen weitgehend halten: Der Bio-Umsatz liegt im Jahr 2022 bei 15,3 Milliarden EUR** und somit 25 Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2019 und nur 3,5 Prozent unter 2021. Wir sehen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher verstärkt zu günstigeren Waren bzw. Einstiegsprodukten innerhalb eines Sortimentes greifen. Auch bei Bio. So zum Beispiel zu günstigen Bio-Nudeln. Somit wurden Bio-Nudeln eines Markenherstellers 2022 weniger oft gekauft. Erkennbar ist ebenso eine Verschiebung im Kaufverhalten von z.B. Bio-Backmischung hin zu Bio-Mehl. Die positive Bio-Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zu Bio greifen, wenn sie die Wahl haben. In Kantinen, Restaurants und Mensen liegt jedoch aktuell das Bio-Angebot bei mageren 2 Prozent. Umso wichtiger ist es nun, dass Bund, Länder und Kommunen für mehr Bio in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung sorgen und damit eine gesunde, nachhaltige und kostengünstige Verpflegung für alle ermöglichen.“
Den Bio-Branchenreport 2023 mit allen Daten, Analysen und Quellenangaben können Sie hier downloaden: https://www.boelw.de/branchenreport/
Bio-Entwicklung in Zahlen
Bio-Marktentwicklung: Bio kann das große Umsatzplus aus der Coronazeit weitgehend halten. Die Bio-Umsätze in Deutschland lagen 2022 mit 15,3 Milliarden EUR 25 Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2019 und nur 3,5 Prozent unter 2021. Trotz der Rückkehr der Menschen in Restaurants und Kantinen, in denen es zumeist kein Bio-Angebot gibt, kann Bio also neu gewonnene Kunden aus der Pandemiezeit halten.
Die Bedeutung des Lebensmitteleinzelhandels für Bio nimmt weiter zu: Treibende Kraft beim Bio-Umsatz war 2022 der Lebensmitteleinzelhandel, der seine Erlöse um 3,2 Prozent auf 10,2 Milliarden EUR erhöhte. Zwei Drittel des Bio-Marktes entfallen damit auf den Lebensmitteleinzelhandel. Insbesondere die Discounter lockten die Kunden mit einem vergrößerten Angebot in die Läden, auch wenn dort die Preise für viele Bio-Produkte deutlicher anstiegen als in anderen Handelsbereichen. Bei den Vollsortimentern blieben der Bio-Umsatz und die Bio-Verbraucherpreise weitgehend stabil. Günstigere Handelsmarken waren mit Abstand die Umsatzgewinner. Der Umsatz mit Bio-Markenprodukten ging nach zwei starken Vorjahren in allen Verkaufskanälen zurück.
Der Naturkostfachhandel mit seinem 100-Prozent Bio-Angebot weist für 2022 einen Umsatz von 3,83 Milliarden EUR auf. Er realisiert mit seinen rund 2.200 Verkaufsstellen 6 Prozent der insgesamt 36.000 Lebensmittelverkaufsstellen in Deutschland. Dies entspricht 20 Prozent des gesamten Bio-Umsatzes. Trotz des Rückgangs um 12,3 Prozent im Naturkostfachhandel liegt sein Gesamtumsatz bei rund 2 Prozent über jenem von 2019 (3,76 Milliarden) und damit über dem Niveau vor der Coronapandemie.
Quelle: BÖLW
Veröffentlichungsdatum: 15. Februar 2023