Unter unseren Füßen schlummert ein bisher unterschätzter CO2-Schlucker: Das Myzel der Mykorrhiza-Pilze. Dieses nimmt Kohlenstoffverbindungen aus den Pflanzenwurzeln auf und trägt dadurch indirekt zur CO2-Speicherung bei. Forscher:innen der Universität Kapstadt schätzen, dass Mykorrhizapilze über ein Drittel des weltweit emittierten Kohlenstoffs aufnehmen. Das Ausmaß untermauert die wichtige Rolle von Pilzen und Bodenökosystemen für Klima und Natur.
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Dass Wälder ein wichtiger Kohlenstoffspeicher sind, ist bekannt. Bäume nehmen bei ihrem Wachstum CO2 aus der Atmosphäre auf und geben diesen an die an die Wurzelpilze weiter. Mykorrhiza-Pilze sind jedoch nicht auf die Wurzeln der Bäume beschränkt. Sie bilden ein riesiges unterirdisches Netzwerk unter Wiesen, Straßen und Häusern. Schätzungsweise 70-90 Prozent der Landpflanzen gehen eine solche Symbiose mit den Mykorrhiza-Pilzen ein. Wie hoch die gebundene Menge vermutlich ist, überrascht selbst Wissenschaftler:innen, wie die Zeitschrift „Current Biology“ in Ausgabe 11/2023 berichtet.
Foto © Mycorrhizal mycelium as a global carbon pool, Current Biology (Ausgabe 11/2023), (www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(23)00167-7) via der-champignon.de
Ausmaß übersteigt Erwartungen
Für ihre Ergebnisse analysierte das Team aus Kapstadt 65 Forschungsarbeiten, die sich mit den Prozessen zwischen Pflanzen und Böden befassen. Auf Basis der Studien lässt sich eine grobe Schätzung ableiten, wonach die Kohlenstoffaufnahme der Wurzelpilze rund 13,12 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr beträgt. Dies entspricht rund 36 Prozent der jährlichen weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus fossilen Brennstoffen –iegt damit sogar noch über dem CO2-Ausstoß Chinas, des weltweit größten Treibhausgas-Emittenten.
Platz eins: Mykorrhiza-Pilze der Baumwurzeln
Bezüglich der CO2-Aufnahme wurden Unterschiede zwischen den Mykorrhiza-Pilzen deutlich: Die sogenannten Ektomykorrhiza-Pilze sind insbesondere als Symbiosepartner von Bäumen verbreitet, auch in deutschen Wäldern. Sie stehen mit rund 9,07 Milliarden Tonnen gebundenem CO2e pro Jahr an der Spitze der CO2-Speicher. Platz zwei belegen die arbuskulären Mykorrhiza-Pilze mit circa 3,93 Mrd. t CO2e, die vor allem in den Tropen zu finden sind. Auf Platz drei schließlich folgen die für Heidelandschaften typischen ericoiden Mykorrhizapilze. Sie binden jährlich schätzungsweise 0,12 Mrd. t CO2e.
Speicherdauer: (noch) unbekannt
Die Pilze nutzen den von den Pflanzen erhaltenen Kohlenstoff für ihr Wachstum, sie bilden damit ein umfangreicheres Myzel. Wie lange er in den Mykorrhizapilzen bleibt und wie viel davon wieder in die Umwelt gelangt, ist nicht bekannt. Teilweise wird er zersetzt und im Boden gebunden oder wieder von den Pflanzen aufgenommen. Oder er wird von Mikroben oder den Pilzen veratmet. Lebende Pilze scheiden den Kohlenstoff auch in Form von klebrigen Verbindungen aus, die von Mikroben im Boden gebunden werden.
Pilze: Wichtige Rolle als Kohlenstoffspeicher
Die Wissenschaftler:innen betonen die große Bedeutung der Pilze und Bodenökosysteme für Klima und Natur – auch wenn die ermittelten Werte eher Schätzungen als genaue Zahlen darstellten. Sie fordern dazu auf, Pilze künftig in Naturschutz- und Umweltmaßnahmen
stärker zu berücksichtigen und die Forschung über ihre Funktionen weiter voranzutreiben.
Weitere Informationen: Mycorrhizal mycelium as a global carbon pool, Current Biology (Ausgabe 11/2023), (www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(23)00167-7)
Quelle: BDC
Veröffentlichungsdatum: 02. August 2023