„Neue Gentechniken sollen die Landwirtschaft zukunftsfähiger machen“ – was auf den ersten Blick harmlos klingt, sorgt aktuell für reichlich Diskussionen in Deutschland und Europa und treibt zahlreichen Züchterverbänden, Verbraucherzentralen, Unternehmen und Wissenschaftlern die Sorgenfalten auf die Stirn und hat in den vergangenen Wochen bereits Verunsicherung ausgelöst.
Foto © tegut... gute Lebensmittel GmbH & Co. KG
Aber worum geht es eigentlich genau bei dieser Diskussion? Fritz Konz, Leiter Qualität und Umwelt bei tegut…, erklärt die Zusammenhänge: „Die EU-Kommission hat im Sommer einen Vorschlag zur Neuregelung von mit neuen Verfahren erzeugte Gentechnik-Pflanzen erarbeitet. Der aktuelle Entwurf sieht vor, das neue gentechnische Verfahren von der Kennzeichnungspflicht gegenüber Verbrauchern ausgenommen werden. Landwirte, Lebensmittelerzeuger und am Ende auch die Kundinnen und Kunden hätten dadurch keine Einsicht mehr, ob Lebensmittel, die sie anbauen, herstellen oder essen, neue gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder nicht.“
Zu den neuen Verfahren gehören verschiedene molekularbiologische Techniken zur Manipulation des Erbgutes von Menschen, Tieren, Pflanzen und Pilzen: Die sogenannte Crispr/Cas-Methode macht es möglich, Pflanzen gentechnisch zu verändern, ohne hierfür fremdes Erbgut zu nutzen, wie das bisher der Fall war. Die Befürworter der Methode versprechen sich hiervon eine bessere Haltbarkeit, Resistenz und verbesserte Inhaltsstoffe. Da kein fremdes Erbmaterial eingesetzt wird – die Pflanze also auch auf natürlichem Weg entstanden sein könnte – müsste dann auch nicht mehr auf der Packung eines Produktes stehen, wenn eine Zutat gentechnisch verändert wurde – so die Argumentation.
Falls die EU-Pläne so durchgewunken werden, sieht Fritz Konz darin einen herben Rückschlag im Kampf um die Transparenz, für die sich tegut… und andere Institutionen seit Jahren einsetzen: „Menschen müssen einfach wissen, was sie essen! Das ist ein Grundrecht, das man ihnen nicht nehmen darf. Und es ist auch nicht nachvollziehbar, warum man daran jetzt etwas ändern möchte. Unsere Forderungen nach Transparenz haben in der Vergangenheit viel Gutes erreichen können: Seitdem zum Beispiel alle Zutaten auf den Verpackungen der Produkte aufgelistet sein müssen, haben sich die Rezepturen im Gegensatz zu früher grundsätzlich deutlich verbessert. Es ist nicht nachvollziehbar, warum man diese Transparenz jetzt wieder einkassieren möchte.“
Und noch ein Aspekt der neuen Verordnung bereitet dem Leiter Qualität und Umwelt bei tegut… Sorgen: „Dabei geht es um unsere Bio-Produkte. Die Befürworterinnen und Befürworter sind davon überzeugt, dass nur die neue Gentechnik eine gewünschte Ausweitung des Ökolandbaus möglich macht, der gemäß Green Deal von 2019 zur Bewältigung der klima- und umweltbedingten Herausforderungen in der EU bis zum Jahr 2030 auf 25 Prozent erhöht werden soll. Bio-Betriebe setzen aber gemäß den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung grundsätzlich keine Gentechnik ein, da diese im ökologischen Landbau grundsätzlich nicht zugelassen sind. Eine Aufweichung dieser Regelung würde bedeuten, dass man ‚Bio‘ dann im Grunde genommen nicht mehr uneingeschränkt trauen könnte.“
Die Diskussion über die Neuen Gentechniken und vor allem die Kennzeichnungspflicht werden in den kommenden Wochen weitergehen – der Entwurfsvorschlag soll im Januar im EU-Parlament eingebracht werden.
Quelle: tegut... gute Lebensmittel GmbH & Co. KG
Veröffentlichungsdatum: 04. Dezember 2023