Zehntausende Landwirtinnen und Landwirte sind seit Wochen bei großen und kleinen Protestkundgebungen mit und ohne Trecker auf der Straße, um ihren Unmut zu den aktuellen Plänen der Agrarpolitik kundzutun. Es geht um die Zukunft der Bauern. Doch wie wird der #ZukunftsBauer eigentlich wahrgenommen? Wie muss er kommunizieren, um vom Verbraucher und der Politik verstanden zu werden? Wie kommt er aus seiner Blase raus? Helfen Trecker-Demos da weiter? Diese Fragen wurden auf einem der vielen Fachforen des Deutschen Bauernverbandes (DBV) auf der Grünen Woche diskutiert. „Landwirtschaft war noch nie so präsent in den Medien wie jetzt“, sagte Anne Kokenbrink, Redakteurin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
In ihrem Impulsreferat stellte sie die Ergebnisse der Rheingold-Studie vor: „Landwirte fühlen sich von der Gesellschaft wenig verstanden und wertgeschätzt“, führte Kokenbrink aus. Das veraltete Rollenbild gelte nicht mehr, sie sähen sich als weit mehr als nur Ernährer, da sie zudem auch Energielandwirte, Umwelt- und Artenschützer seien. „Verbraucher und Landwirte leben in Parallelwelten und haben sich so entfremdet“, stellte die Journalistin fest. Durch die Demos seien diese Welten wieder etwas zusammengewachsen. Verbraucher würden die Nöte der Bauern erkennen und Verständnis zeigen, wünschten sich aber weiterhin die Bullerbü-Idylle. Treckerdemos und Aktionen erzielten daher nur begrenzt Wirkung.
Die Medien spielten dabei eine bedeutende Rolle. „Sie wollen aktuell und spannend berichten, aber landwirtschaftliche Themen sind nicht einfach darzustellen“, zeigte Kokenbrink auf. Auch der Erfolg der Nichtregierungsorganisationen (kurz NGOs) wirke sich auf das Ansehen der Landwirtschaft aus. In ihren Aktionen seien sie der Landwirtschaft oft einen Schritt voraus. „All das sorgt bei den Landwirten für Wut. Wie soll der Bauer in Zukunft kommunizieren?“, gab sie die Frage ans Plenum weiter.
Der #ZukunftsBauer ist in der anschließenden Diskussion mit der DBV-Vizepräsidentin Susanne Schulze-Bockeloh, der Landwirtin und Niedersachsens NDR-63-Hektar-Podcasterin Maja Mogwitz und ZukunftsBauer Jörg Struve aus Schleswig-Holstein Ansatz, Auftrag und Lösung zugleich. Es sei höchste Zeit, den Dialog zu suchen, um die Zwänge besser zu kommunizieren und an konkreten Beispielen mit persönlicher Geschichte nach außen aufzutreten, um die Problematik klar und deutlich zu benennen. „Der Agrardiesel war der Start, jetzt liegt es an uns, die weiteren Themen der Bauern ins Spiel zu bringen, sowie Lösungen und Botschaften zu senden – mit dem richtigen Wording, so dass es die Gesellschaft versteht“, verweist Schulze-Bockeloh auf die veränderte Kommunikationsart und das positiv besetzte Narrativ des #ZukunftsBauern als Lösungsanbieter und Brückenbauer.
Es gibt nicht den einen Durchschnittsbauern. „Jeder Betrieb ist anders, dahinter stecken Familienbetriebe – das ist durch die Demos deutlich geworden“, sagte Mogwitz. Die Leute seien interessiert an Landwirtschaft. Sie verwies darauf, dass es auch in den sozialen Medien funktioniere, die Themen der Landwirtschaft zu erklären und Unterstützer außerhalb der Blase mitzunehmen, wie bei der Aktion „Landwirtschaft ist bunt – nicht braun“.
„Die Ernährung ändert sich. Auch darauf müssen wir eingehen. Für viele Landwirte ist das ein Prozess. Wichtig ist, dass wir Landwirte mit den Leuten reden, mehr erklären und kurze Botschaften senden, ob bei Demos, bei Hofbesuchen oder mit Bildern und Videos in den sozialen Medien. Dann wird das Verständnis auch kommen. Wir sind auf einem guten Weg, denn all die aktuellen Themen sind ZukunftsBauer-Themen“, sieht ZukunftsBauer Struve sich und die Landwirtschaft trotz der diversen Aufgaben weiter in der Hauptrolle des Ernährers.
„Wir wollen eine starke Landwirtschaft. Das ist das Ziel dieser Proteste. Ohne Bauern, keine Zukunft“, forderte Schulze-Bockeloh die Politik auf, näher bei den Menschen zu sein.
Quelle: LPD
Veröffentlichungsdatum: 26. Januar 2024