Die hohe Inflation der letzten Jahre, beschränkte Budgetvorgaben und logistische Herausforderungen – dies sind nur einige der Herausforderungen, denen der Obst- und Gemüsehandel aktuell ausgesetzt ist. Doch wie kann dem mit systematischem und strategischem Pricing begegnet werden? Dieser Beitrag stellt Ansätze vor und gibt Tipps für das Pricing in schwierigen Zeiten.
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Pricing-Ansätze im Obst- und Gemüsehandel: Die Betrachtung verschiedener Marktseiten
Die Preisbildung im Obst- und Gemüsehandel wird maßgeblich durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Saisonale Schwankungen, Erntemengen und Importbedingungen sind entscheidende Faktoren, die das Angebot regulieren, während die Nachfrage durch Verbraucherpräferenzen, Kaufkraft und demografische Trends beeinflusst wird. Insbesondere die Angst vor Inflation ist laut einer Studie der GfK die bestimmende Sorge für Verbraucher. Dies geht einher mit einer gedämpften Konsumlaune, die sich insbesondere im Verbrauch von Obst und Gemüse bemerkbar macht. Dem gegenüber stehen Unsicherheiten in der Ernte, wie zum Beispiel durch klimatische Bedingungen, mögliche Lieferengpässe und -verzögerungen oder auch Warenüberangebote – Faktoren, die die Preisbildung beeinflussen. Die Preisbildung besteht daher hauptsächlich aus drei zentralen Ansätzen: dem kostenbasierten, dem wettbewerbsbasierten sowie dem wertbasierten bzw. kundenorientierten Pricing.
Im Obst- und Gemüsemarkt herrscht eine hohe Transparenz über Verfügbarkeiten, Qualität und Abgabepreise der Produkte an den Großmärkten. Dies stellt eine umfassende Informationsbasis für die Angebotsseite dar, zum Beispiel durch regelmäßige Marktreports der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Hinsichtlich der Angebotsseite liegen damit umfassende Informationen vor, die für das Pricing genutzt werden können und es auch tun. Sie bilden somit die Basis für jede weitere Differenzierung der Preise.
Auf der Nachfrageseite ist solch eine hohe Transparenz nicht systematisch gegeben. Hier kann auf Verbraucherstudien oder Marktberichte, wie zum Beispiel der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) zurückgegriffen werden. Unternehmen, die aber zusätzliche und spezifische Daten zum Verbrauchermarkt vorliegen haben, können hier einen großen strategischen Vorteil nutzen. Umfassende Informationen zu Präferenzen der Verbraucher, wie etwa ihre Einstellung zur Wichtigkeit von Qualität, Nachhaltigkeit oder auch Zertifizierungen, helfen dabei die Zahlungsbereitschaft der Kunden zu ermitteln und Preise wertbasiert und kundenorientiert zu setzen. Dieser Ansatz schafft es, ein differenziertes Pricing unter Berücksichtigung der verschiedenen Marktseiten zu gewährleisten.
Wertbasiertes und kundenorientiertes Pricing: Die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher identifizieren
Die Nachfrageseite ist durch verschiedene Faktoren bestimmt. Daher gibt es eine psychologische Preisgrenze, bis zu welcher Verbraucher bereit sind, für Obst und Gemüse zu zahlen. Diese Grenze variiert je nach Produkt, Qualität, Herkunft und Verfügbarkeit von Alternativen und kann sich je nach wirtschaftlichen Gegebenheiten ändern. Umfragen und Marktanalysen können helfen, Zahlungsbereitschaften zu identifizieren und ein systematisches Verständnis der Verbraucherseite zu schaffen.
Hierzu gibt es verschiedene Methoden:
Pricing in volatilen Zeiten: Wie eine dynamische Preisgestaltung strategisch eingesetzt werden kann
Pricing in volatilen Zeiten erfordert eine ausgewogene Strategie, die die Interessen des Unternehmens und die Kundenzufriedenheit gleichermaßen berücksichtigt. Eine sorgfältige Planung und Kommunikation sind entscheidend, um das Vertrauen der Kunden zu erhalten und die Auswirkungen so gut wie möglich zu managen.
Durch die hohe Transparenz im Obst- und Gemüsehandel lohnt es sich, die Datenverfügbarkeit für Analysen und entsprechende datenbasierte Pricing-Entscheidungen zu nutzen. In Kombination mit Daten zur Zahlungsbereitschaft der Kunden lassen sich so dynamische Preissetzungsmodelle implementieren. Diese Modelle passen die Preise in Echtzeit an, basierend auf Veränderungen in Angebot und Nachfrage, saisonalen Schwankungen oder Verkaufszielen. Im Obst- und Gemüsehandel kann dies bedeuten, dass die Preise für Produkte außerhalb der Saison höher sind oder angepasst werden, um Überbestände zu reduzieren oder auch marktgetriebene Veränderungen der Kostenstruktur und der Angebotsseite berücksichtigt werden. Diese Methode wird in der Regel mit einer Preisoptimierungssoftware durchgeführt, die Algorithmen und maschinelles Lernen nutzt und auf Echtzeitdaten basiert, um so die Preise dynamisch anzupassen und Kaufbereitschaften voll auszuschöpfen.
Basierend auf diesem datenbasierten Ansatz können Preisanpassungen differenziert und flexibel umgesetzt werden – unter voller Transparenz der eigenen strategischen preislichen Positionierung sowie unter Einbezug möglicher Trends und Entwicklungen im Verbrauchermarkt.
Muss Pricing in Krisenzeiten anders gestaltet sein?
Insbesondere in Krisenzeiten sind Transparenz und Flexibilität im Handeln essenziell. Pricing sollte Unternehmen des Obst- und Gemüsehandels die Möglichkeit geben, flexibel auf sich ändernde Marktgegebenheiten zu reagieren und Anpassungen entsprechend differenziert vorzunehmen. Ein dynamisches und datenbasiertes Preissetzungsmodell lässt sie eigene Analysen durchführen, Trends erkennen und bietet eine fundierte Entscheidungsbasis für notwendige Anpassungen, um das Geschäft weiter rentabel gestalten zu können und Krisenzeiten agiler begegnen zu können.
Autoren: Christoph Krauss Senior Director, Prof. Roll & Pastuch und Friederike Fanderl Senior Consultant, Prof. Roll & Pastuch
Christoph Krauss, Senior Director, Prof. Roll & Pastuch – Management Consultant
Friederike Fanderl, Senior Consultant, Prof. Roll & Pastuch – Management Consultant
Veröffentlichungsdatum: 05. März 2024