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„Tischlein deck dich – aber bitte wild“

„Fastfood und Junkfood waren einmal. Jetzt ist wilder Superfood angesagt. Die wildwachsenden Köstlichkeiten werden in freier Natur gesammelt, im eigenen Garten geerntet oder aus gewerblicher Produktion bezogen“, berichtet der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID). 


Foto ©  LID

„Unsere Essgewohnheiten ändern sich. Biodiversität in unseren Siedlungsräumen und unser Ernährungsbewusstsein mit Kurs auf «Gsundheit» machen es möglich. Die Ressourcen dafür sind zuhauf vorhanden: An Wegrändern, in Wäldern, in Naturgärten und neuerdings auf speziell angelegten Naschwegen sowie im landwirtschaftlichen Erwerbsanbau.“

Vorerst noch ein Nischenprodukt, aber mit Potenzial. Wildheckenfrüchte, Wildobstarten und wieder entdeckte alte Apfelsorten sind in Fachzeitschriften, in der Fachliteratur und auf Internetplattformen zu eigentlichen Hotspots geworden.

Früher wurden sie als «Uchruut» ausgerissen. Jetzt sind die Früchte dieser Pflanzen in Hofläden, auf Bauern- und Wochenmärkten anzutreffen oder sie werden im Naturgarten für die Bereicherung der heimischen Küche gezogen. Für viele dieser Köstlichkeiten, die teilweise auch Heilkräfte haben, ist der Herbst Reife- und Erntezeit.

Hecken zum Essen

Häufig taucht die Hecke in unserem Siedlungsgebiet auf. Ein linear strukturiertes Gehölz, das auch optisch Grenzen markiert und meist einförmig gestaltet ist. Solche «Ordnungshecken» lassen sich aber mit verschiedenen einheimischen Sträuchern, die Früchte tragen, zu überraschend lebendigen Wildhecken umfunktionieren. 

Nicht als Grenze, sondern zum Essen da. Das freut neben den Menschen natürlich auch viele Vögel, Insekten und Kleintiere. Für diese Lebewesen der Gartenwohngemeinschaft sind Wildhecken ebenso ein Tischlein-deck-dich wie für uns Menschen. Zudem werden sie als Nistplätze und Zufluchtsorte genützt, die vor Fressfeinden schützen. Mit Wildhecken, die essbare Früchte hergeben, verschmilzt Öko-Verantwortung mit Gaumenfreuden.

Eine solche «Ess-Hecke» kann beispielsweise mit Sanddorn, Schwarzem Holunder, Berberitzen, Schlehen oder Schwarzdorn genannt, Hagebutte, Eberschen oder auch als Vogelbeere bekannt und Kornelkirschen assortiert sein. Alles geniess- und vielseitig in der Küche verwertbare Früchte. Ein anderes Hecken-Ensemble kann aus Beerengewächsen wie Holunder, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Felsenbirnen und Heidelbeeren zusammengesetzt werden. 

Im Weiteren gehören zu den «Wilden» unter den essbaren Beeren auch Taybeeren, Rote Maulbeeren, Loganbeeren, Lachsbeeren, Schisandrabeeren, Moltebeeren und viele mehr.

Auch Gehölze bieten essbare Teile. Bei Fichten sind es die Triebspitzen. Sie finden als Gewürz und Salat Verwendung. Bei Rotbuchen sind die Blätter in einer Salatmischung bekömmlich. Ulmenblätter sind ebenso als Salat oder Tee verwendbar. Die Zitterpappel bietet ihre jungen Blätter als Gemüse und die Knospen als Tee an.

Naschwege und Wildobstsammlungen

Den ökologisch aufgeklärten Menschen interessieren bei der Nahrungsaufnahme nicht nur die Kalorien, sondern auch woher die Lebensmittel kommen. Der Wunsch nach einem Zurück zur Natur beim Essen ist daher gar nicht so abwegig. Übrigens ist er auch mit ein Grund, warum in letzter Zeit in verschiedenen Regionen sogenannte Naschwege mit essbaren Wildpflanzen entstanden sind. So auch als Zwischennutzung einer Brachfläche im Osten der Stadt St. Gallen. Der «Naschweg Bachareal» wurde durch die europaweit tätige Stiftung SAVE-Foundation initiiert. 

Die Stiftung engagiert sich mit verschiedenen Projekten für die Sicherung der landwirtschaftlichen Artenvielfalt. An drei Standorten auf dem Bachareal wurde Wildobst angepflanzt. Es dient zum Naschen von Maibeeren bis zur Hasel, von der essbaren Vogelbeere bis zur Gojibeere kann alles gefahrlos probiert werden. Die einzelnen Pflanzen sind mit Sortennamen versehen. Ein weiterer Naschweg mit Stauden, Kräutern und Wildobst ist im Stephanshornquartier geplant. Eine Übersichtssammlung gibt es bereits direkt hinter dem Botanischen Garten in St. Gallen.

Die Website Inforama Wildobst informiert über einzigartige Wildobst-Sammlungen in Mogelsberg im Kanton St. Gallen und Dürrenäsch im Kanton Aargau. Auf knapp einem Hektar Fläche wurden in Mogelsberg rund 1’500 Sträucher und Bäume von 225 Arten in Reihen gesetzt. Direkt am Wegesrand findet sich die jeweilige Wildart. Auf Informationstafeln werden die wichtigsten Eigenschaften der Art wie Licht- und Bodenansprüche, Besonderheiten und Kulturformen beschrieben.

Vorsicht beim Sammeln von Wildheckenfrüchten

Wer in freier Natur auf eigene Faust Wildheckenfrüchte zum Essen sammelt, muss das mit gleicher Vorsicht tun wie bei Pilzen. Einige Wildbeeren müssen für den Verzehr entsprechend zubereitet werden, weil sie allenfalls giftig sind – zumindest Teile davon. Sie können Übelkeit, Bauchschmerzen sowie Durchfall auslösen. Wildbeeren können unangenehmen Hautreaktionen, Lähmungen oder schlimmstenfalls gar den Tod bewirken. Deshalb gehört unbedingt fundiertes Wissen zur Sammeltätigkeit. Bei Zweifeln gilt die Regel: Nicht pflücken!

Zudem ist ein Teil der Wildheckenfrüchte geschützt oder steht in Schutzgebieten. Es gilt «Mass beim Frass», wie es umgangssprachlich heisst. Also kein Ausplündern und keine Pflanze mit der Wurzel ausreissen. Weiter ist wegen allfälliger Kontamination durch Schadstoffe auf den Standort der Pflanzen zu achten. An stark befahrenen Strassen und auf Flächen, die allenfalls mit Pestiziden behandelt worden sind, das Pflücken unterlassen. Bei Waldfrüchten gilt gründliches Waschen, wegen des Fuchsbandwurms.

 

Quelle: LID.ch

Veröffentlichungsdatum: 21. Oktober 2024