„Das Jahr 2024 stellte die Schweizer Landwirtschaft vor grosse Herausforderungen: Von nassen Feldern und Pilzbefall im Gemüsebau über Rekordernten und Preisdruck im Obstbau“, berichtet der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID).
Während innovative Lösungen und Anpassungsstrategien gesucht werden, bleibt der Fokus auf Qualität, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit zentral.
Das Schweizer Obstjahr 2024 war herausfordernd, aber fruchtbar
Das Landwirtschaftsjahr 2024 war für die Obstproduzentinnen und Obstproduzenten in der Schweiz ein herausforderndes, aber zugleich ertragreiches Jahr. Insbesondere die Witterungsbedingungen sowie der fehlende Schutz der Kulturen prägten Pflege, Ernte und Qualität der Früchte.
Chantale Meyer, Marketing- und Kommunikationsleiterin beim Schweizer Obstverband SOV, erklärt: «2024 war für die Produzentinnen und Produzenten von Tafelobst ein herausforderndes Jahr – teilweise litten die Früchte unter dem nassen Wetter oder wurden durch Schädlinge bedroht dennoch konnten überdurchschnittliche Mengen geerntet werden.»
Tafelobst: Höhere Erntemengen und Qualität
Die Erntemengen bei Tafeläpfeln und Tafelbirnen lagen 2024 über den Erwartungen. Besonders hervorzuheben ist der hohe Anteil an Kaiser Alexander bei den Birnen, wodurch das Ziel von 11’000 Tonnen per Ende Oktober übertroffen wurde.
Auch bei den Äpfeln sind die Lagerbestände grösser als im Vorjahr, was die Konsumentinnen und Konsumenten mit einem breiten Sortiment erfreut. «Voraussichtlich wird die Ernte 2024 bis zur neuen Ernte reichen», betont Chantale Meyer.
Steinobst: Grosse Mengen, aber Herausforderungen bei der Haltbarkeit
Das nasse Wetter stellte insbesondere bei Kirschen eine Herausforderung dar. «Die Pflege der Kulturen war sehr anspruchsvoll und die Wetterbedingungen hatten einen negativen Einfluss auf die Haltbarkeit der Kirschen nach der Ernte», erklärt Chantale Meyer.
Trotz der Schwierigkeiten lag die Aprikosenernte 14 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt und bei den Zwetschgen wurden rekordverdächtige Mengen eingefahren – 25 Prozent mehr als die zweite Ernteschätzung. Dies führte jedoch zu grossen Lagerbeständen und einem hohen Preisdruck sowie grössere Abschreibungen im Handel.
Beeren: Stabile Erntemengen, aber hoher Schutzaufwand
Mit einer Gesamtmenge von 10’781 Tonnen lag die Beerenernte 2024 fast auf dem Niveau des Fünfjahresdurchschnitts. Während Erdbeeren aufgrund der wechselhaften Wetterbedingungen etwa zwei Prozent unter dem Durchschnitt blieben, stiegen die Erntemengen bei Himbeeren und Heidelbeeren um fünf beziehungsweise zehn Prozent.
Chantale Meyer vom SOV verweist jedoch die Herausforderungen durch die Kirschessigfliege: «Diese hat grosse Schäden bei Heidelbeeren, Himbeeren, Brombeeren und Erdbeeren angerichtet – in mehreren Betrieben musste die Ernte von spätreifenden Sorten frühzeitig beendet werden.»
Und der Schutz vor Pilzkrankheiten war insbesondere im Freiland bei den Erdbeeren schwierig, da die Felder aufgrund der hohen Niederschläge oft nicht befahrbar waren.
Mostobst: Grossernte, aber niedriger Zuckergehalt
Das Jahr 2024 war für Mostobst besonders ertragreich. «In den Mostereien des Ernteausgleichssystems wurden dieses Jahr 77’280 Tonnen Mostäpfel und 13’176 Mostbirnen geerntet – deutlich mehr als geschätzt», berichtet Chantale Meyer. Die hohe Erntemenge ist auf eine gute Befruchtung im Frühling und optimale Wasserversorgung zurückzuführen.
Der Oechslegehalt der Früchte lag aufgrund der geringeren Sonnenstunden jedoch unter dem Durchschnitt der letzten vier Jahre.
Dieses Jahr dürfen sich die Konsumentinnen und Konsumenten an einem breiten Sortiment von Äpfeln erfreuen – die Lagerbestände sind grösser als im Vorjahr. (Foto © LID / jin)
Klima, Pflanzenschutz und Schädlingsdruck
Ein zunehmendes Problem bleibt der Schutz der Kulturen. «Die Situation wird zunehmend schwieriger, weil bewährte Wirkstoffe wegfallen und dadurch öfter mit denselben – in der Regel schlechter wirkenden Wirkstoffen – behandelt werden muss», erklärt Chantale Meyer und ergänzt: «Das verteuert die Produktion und erhöht das Risiko von Ertragsausfällen.»
Die nassen Bedingungen begünstigten zudem Pilzkrankheiten wie Botrytis, Schorf und Mehltau, insbesondere bei extensiv gepflegten Baumbeständen.
«Die Nässe führt häufiger zu Pilzkrankheiten und der Schutz der Kulturen wird deutlich aufwändiger», erläutert Chantale Meyer. Gleichzeitig begünstigen die steigenden Temperaturen das Auftreten neuer invasiver Schädlinge, für die es oft keine natürlichen Gegenspieler gibt.
Entwicklung des Anbaus und Marktsituation
Die Anbauflächen und Anzahl Betriebe blieben 2024 weitgehend stabil. Laut Chantale Meyer ist aber ein leichter Trend hin zu resilienteren Apfelsorten bei der Remontierung im Kernobst erkennbar.
Bei den Preisen zeigte sich ein differenziertes Bild: Während der grosse Preisdruck beim Steinobst nur durch intensive Handelsaktivitäten abgefedert werden konnte, verlief das Beerenjahr ausgeglichen. Die Vermarktung der hohen Kernobstlagerbestände wird die Handelspartner in den kommenden Monaten jedoch fordern.
Schweizer Gemüseproduzenten kämpfen mit nassen Feldern und niedrigen Preisen
Das Wetter im Jahr 2024 stellte die Schweizer Gemüseproduktion vor erhebliche Herausforderungen. Die Saison war von einem nass-kühlen Klima geprägt, welches das Wachstum der Pflanzen stark beeinträchtigte.
«Das Wetter im Jahr 2024 war fürs Schweizer Gemüse nicht optimal – es war zu nass und zu kühl», erklärt Markus Waber, stellvertretender Direktor des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten VSGP. Die Gewächshausproduktion litt zudem unter mangelnder Sonneneinstrahlung.
Der Vergleich der Inlandmengen der letzten drei Jahre zeigt, dass die Mengen 2024 zwar ähnlich wie 2023 lagen, jedoch deutlich hinter den Zahlen von 2022 zurückblieben.
Erschwerte Bedingungen für Pflege und Ernte
Die feuchten Bedingungen hatten weitreichende Auswirkungen auf die Pflege und Ernte der Gemüsesorten. «Die Pflege der Kulturen war wetterbedingt aufwändiger oder teilweise nur erschwert möglich, weil man mit den Maschinen den nassen Boden nicht befahren konnte», so Markus Waber.
Auch das Setzen und Säen neuer Sätze war häufig erst möglich, nachdem die Felder abgetrocknet waren. Dies verzögerte den gesamten Produktionsprozess und erschwerte schliesslich auch die Ernte.
Darüber hinaus sorgten die feuchten Bedingungen für einen erhöhten Krankheitsdruck bei den Pflanzen. «Die eher feuchten Bedingungen haben den Krankheitsdruck der Pflanzen erhöht – beispielsweise Falscher Mehltau bei Zwiebeln oder Kopffäule bei Broccoli», berichtet Markus Waber.
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Dies machte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln umso notwendiger, während gleichzeitig immer mehr Wirkstoffe verboten wurden und wirksame Alternativen fehlten.
Herausforderung durch Quarantäneorganismen und Marktpreise
Auch 2024 war die Gemüseproduktion von mehreren Quarantäneorganismen betroffen, die zusätzliche Massnahmen und Kosten erforderlich machten. Gleichzeitig gerieten die Preise für Gemüse weiter unter Druck.
«Der Detailhandel versucht sich immer mehr über den Preis zu messen und zu differenzieren – das hat natürlich Auswirkungen auf die Produktion», erklärt Markus Waber. Besonders bei Produkten mit langfristigen Liefervereinbarungen sind die Margen oft sehr gering.
Im Gewächshaus war das Gemüse zwar vor der Wiiterung geschützt, die Gewächshausproduktion litt allerdings unter mangelnder Sonneneinstrahlung. (Foto © LID / jin)
Die Importmengen von Gemüse hielten sich insgesamt auf einem ähnlichen Niveau wie in den Vorjahren, mussten jedoch im Herbst 2024 erhöht werden, um die wetterbedingten Ausfälle in der Inlandproduktion zu kompensieren.
Kartoffeln: Durchschnittliche Ernte trotz Krautfäule
Das Kartoffeljahr war für die Produzenten erneut sehr herausfordernd. Im Frühjahr war es schwierig genügend Pflanzkartoffeln zu erhalten, weil die Pflanzkartoffelernte im Jahr 2023 tief war.
Nach dem Setzen hatten die Kartoffeln und ihre Produzentinnen und Produzenten in diesem Jahr aber nicht mit der Trockenheit zu kämpfen – ganz im Gegenteil: «Die feucht-milde Witterung vom Frühsommer hat zu einem starken Befall mit der Kraut- und Knollenfäule geführt», sagt Christian Bucher, Geschäftsführer von Swisspatat auf Anfrage.
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Nur dank dem grossen Einsatz der Produzentinnen und Produzenten und einem höheren Pflanzenschutzmitteleinsatz sei es gelungen grössere Schäden zu verhindern. «Schlussendlich ist der Ertrag im konvetionellen Bereich besser ausgefallen, als zuerst erwartet», führt Christian Bucher weiter aus.
Die Bruttoerträge betragen in diesem Jahr durchschnittlich 403 Kilogramm pro Are. Bei einem Speiseanteil von 81 Prozent belaufen sich die Nettoerträge über alle Sorten auf 327 Kilogramm pro Are. Im Vergleich zum 2023 bei 292 Kilogramm pro Are sind dies 12 Prozent mehr Nettoertrag. Verglichen mit dem Mittel der Jahre 2018 bis 2023, das 240 Kilogramm pro Are beträgt, sind die Erträge dieses Jahr aber 4 Prozent tiefer.
Weniger als die Hälfte im Bioanbau
Im biologischen Anbau sieht die Situation anders aus. Aufgrund der fehlenden Bekämpfungsmöglichkeiten der Kraut- und Knollenfäule, wo nur Kupfer als Pflanzenschutzmittel erlaubt ist, sind die Erträge tief ausgefallen.
«Es mussten etliche Bioparzellen frühzeitig aufgegeben werden», bedauert Christian Bucher von Swisspatat. Die Erträge im Biobereich lagen darum bei über 50 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Der nasse Herbst erschwerte ausserdem vielerorts die Erntearbeiten.
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Weitere Importe sind nötig
Insgesamt wurden gemäss der Hochrechnung von Swisspatat 370’000 Tonnen Kartoffeln geerntet und für die weitere Vermarktung und Verarbeitung abgegeben. Das langjährige Mittel für die Gesamternte liegt bei 395’000 Tonnen.
«Angesichts der guten Nachfrage sowohl im Speise- als auch im Verarbeitungskanal wird diese Menge nicht reichen, um den inländischen Markt zu versorgen», erklärt Christian Bucher. Um den Bedarf zu decken wird die Schweiz auf zusätzliche Importe angewiesen sein.
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Quelle: LID
Veröffentlichungsdatum: 03. Januar 2025