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Universität Bonn: Bioplastik im Nachhaltigkeits-Dilemma

09. Februar 2021

Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchen die Faktoren zur Klimabilanz pflanzenbasierter Kunststoffe: Plastik, das aus Nutzpflanzen wie Mais oder Zuckerrohr anstatt aus Erdöl hergestellt wird, gilt allgemein als nachhaltig. Ein Grund: Pflanzen binden CO2 – und kompensieren so den Kohlenstoff, der bei der Entsorgung von Kunststoffen in die Atmosphäre gelangt. Allerdings gibt es einen Haken.

Bildquelle: Shutterstock.com Klima bild
Bildquelle: Shutterstock.com

Bei steigender Nachfrage an Rohstoffen für die Bioplastik-Produktion reichen die Anbauflächen nicht aus. In der Folge werden häufig natürliche Vegetationen in landwirtschaftlich genutzte Flächen umgewandelt und Wälder abgeholzt. Das wiederum setzt große Mengen CO2 frei. Die Annahme, dass mehr Bioplastik nicht zwangsläufig zu mehr Klimaschutz führt, haben Forschende der Universität Bonn jetzt in einer neuen Studie bestätigt. Sie fanden heraus, dass die Nachhaltigkeit von pflanzenbasierten Biokunststoffen maßgeblich vom Herkunftsland, seinen Handelsbeziehungen und dem verarbeiteten Rohstoff abhängt. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Resources, Conservation & Recycling“ erschienen.

Wie schon in vorherigen Analysen verwendeten die Wissenschaftler ein flexibles und nach dem Baukastenprinzip aufgebautes Wirtschaftsmodell, mit dem sie die Auswirkungen des steigenden Angebots an Bioplastik simulieren konnten. Das Modell basiert auf einer weltweiten Datenbank (Global Trade Analysis Project). Für ihre aktuelle Studie modifizierten die Forscher das ursprüngliche Modell, in dem sie sowohl konventionelle Kunststoffe als auch Biokunststoffe sowie zusätzliche Pflanzen wie Mais und Maniok aufschlüsselten. „Das ist entscheidend, um die Lieferkette von Biokunststoffen in den wichtigsten Produktionsregionen besser darzustellen und ihre Umweltauswirkungen aus der Lebenszyklusperspektive heraus zu bewerten“, betont Agraringenieurin Dr. Neus Escobar. Sie führte die Studie am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik sowie am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn durch und ist mittlerweile am International Institute for Applied Systems Analysis in Laxenburg (Österreich) tätig.

In der aktuellen Studie berücksichtigten sie und ihr Kollege Dr. Wolfgang Britz den Verlust der natürlichen Vegetation im globalen Umfang. Sie machten Schätzungen darüber, wo es wie viele Flächen gibt, die leicht in produktive Nutzungen umgewandelt werden können und berücksichtigten die dazugehörigen Modellparameter. In einer vorherigen Publikation hatten die Bonner Wissenschaftler bereits die Produktion von herkömmlichen Kunststoffen und Bioplastik in Brasilien, China, der EU und den USA aufgeschlüsselt – den Ländern, die bei der Produktion von Bioplastik führend sind. In ihrer jetzigen Studie schlossen sie darüber hinaus Thailand mit ein, wo es viele kohlenstoffreiche Wälder gibt. Experten erwarten, dass das asiatische Land in naher Zukunft zu einem weltweit führenden Hersteller von biologisch abbaubaren und biobasierten Kunststoffen wird. „All diese Änderungen des Modells sind notwendig, um die globalen Effekte zu erfassen, die aus den unterschiedlichen Maßnahmen oder Technologien resultieren“, sagt Dr. Wolfgang Britz, der mit seinem Team an der Erweiterung des Modells gearbeitet hat.

Faktoren wie Herkunftsland und Rohstoffe sind entscheidend

Die Forscher simulierten insgesamt 180 Szenarien (36 Szenarien pro Region), die nach dem Grad der Marktdurchdringung von Biokunststoffen und weiteren Modellparametern variierten. So konnten sie die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen ermitteln. „Wir fanden heraus, dass die CO2-Fußabdrücke von kommerziell erhältlichen Biokunststoffen viel größer sind als die Werte, die bisher in der wissenschaftlichen Literatur und in politischen Berichten geschätzt wurden“, betont Neus Escobar.

Der Grund: Die CO2-Emissionen, die durch Veränderungen der Landnutzung entstehen, überwiegen langfristig die Einsparungen von Treibhausgasen durch die Substitution fossiler Rohstoffe.

Weitere Informationen: www.uni-bonn.de 

Quelle: Universität Bonn
 

Veröffentlichungsdatum: 09.02.2021

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