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"Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt"

Projekterfolg: Nach 64 Jahren wurde die Grubenhummel in Rheinland-Pfalz bei Mutterstadt wiederentdeckt

19. Juli 2021

Um die Artenvielfalt und Biodiversität in der Vorderpfalz gezielt zu fördern und dauerhaft zu erhalten, hat Pfalzmarkt eG einen deutschlandweit einmaligen Ansatz gewählt: Das Modellprojekt „Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ läuft zunächst über fünf Jahre und wird von den beiden unabhängigen Partnern IFAUN und Natur Südwest wissenschaftlich begleitet.

Foto © Pfalzmarkt eG
Mit dem Ökosystem-Baukasten wollen die Naturforscher und Vertreter von Pfalzmarkt eG im Projektteam gemeinsam noch viel bewegen. Bei „Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ starten sie zur Exkursion auf die rund ein Hektar große Artenschutzfläche in Mutterstadt. Foto © Pfalzmarkt eG

Wachstumsgrundlage: breites Artengruppenspektrum auf mehr als 3,5 Hektar

Als Besonderheit werden – mit Moosen, Farn- und Blütenpflanzen, Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Insekten – deutlich mehr Artengruppen untersucht, als dies bei vergleichbaren Projekten der Fall ist. Nach dem Projektstart 2019 mit zunächst sechs Standorten, kam Anfang dieses Jahres eine weitere Artenvielfaltsfläche hinzu, so dass die Gesamtfläche bei „Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ nun deutlich mehr als 3,5 Hektar beträgt.

Foto © Pfalzmarkt eG
Hier wurde Anfang Mai die Grubenhummel vom Wildbienen-Experten Ronald Burger wiederentdeckt. Foto © Pfalzmarkt eG

Gemeinschaftliches Engagement von Naturforschern und Landwirten als Basis

Dass das gemeinschaftliche Engagement von regionalen Naturforschern, Wissenschaftlern, Erzeugern und Projektkoordinatoren bei Pfalzmarkt eG sehr erfolgreiche Grundlagen für mehr Artenvielfalt legt, verdeutlicht die Wiederentdeckung der Grubenhummel im zweiten Jahr des Projekts exemplarisch. Auf der Projektfläche, die unmittelbar gegenüber von Pfalzmarkt eG in Mutterstadt liegt, wurde Anfang Mai eine Grubenhummel-Königin beim Nektartrinken auf den Blüten der Roten Lichtnelke nachgewiesen. In der Roten Liste Deutschlands, die bestandsbedrohte Arten ausweist, ist die Grubenhummel auch bundesweit als stark gefährdet eingestuft.

Nach dem letzten Nachweis 1957 wurde die Grubenhummel jetzt wiederentdeckt

Ronald Burger, Wildbienenexperte und wissenschaftlicher Projektkoordinator von IFAUN - Faunistik und Funktionale Artenvielfalt erklärt: „Für Fachleute ist der Fund besonders spektakulär, weil die Grubenhummel zuletzt vor 64 Jahren in Rheinland-Pfalz nachgewiesen wurde. Sie galt deswegen bis dato als verschollen, beziehungsweise ausgestorben!“

Die spätaktive Hummelart muss um Nahrungsgrundlagen kämpfen

Im Vergleich zu häufiger vorkommenden Hummelarten, wie der Erd- oder Steinhummel erscheint die Königin der Grubenhummel im Frühling sehr spät. „Sie ist mit dem Nestbau beschäftigt, wenn die Arbeiterinnen der anderen Hummelarten bereits geschlüpft und aktiv auf Futtersuche sind,“ erklärt Ronald Burger weiter. Nach dem Fund erhoffen sich die Naturforscher weitere Erkenntnisse, inwieweit die neu geschaffenen Strukturen zur Sicherung der Population beitragen können.

Mit wertvollen Ökosystemen die Pfalz als Hotspot der Biodiversität erhalten

Oliver Röller, von Natur Südwest, der zugleich Experte für Blütenpflanzen und Moose ist, ergänzt: „Der Fund zeigt, warum wir in der Vorderpfalz, die ein nationaler Hotspot für Biodiversität ist, solche Projekte brauchen. Es geht um mehr als um Blühstreifen. Auf den neu geschaffenen Flächen haben wir es – auch dank des umfassenden Projektansatzes – mit einem vitalen und sehr wertvollen Ökosystem-Baukasten zu tun, der zu einer ökologischen Aufwertung der umliegenden Agrarlandschaft beiträgt!“

Besonderer Projektansatz inmitten des Gemüsegarten Deutschlands!

Die Pfalz gilt als der Gemüsegarten Deutschlands. Im Vergleich zu vielen anderen Agrarlandschaften bundesweit führt der traditionelle Obst- und Gartenbau dazu, dass vor Ort relativ kleinteilige Strukturen bestehen. In Kombination mit dem milden Klima bewirkt dies – nach Einschätzung der Experten – beste Ausgangsvoraussetzungen für eine hohe Biodiversität. Auf Basis der fundierten wissenschaftlichen Ergebnisse möchten die 140 aktiven Pfalzmarkt Erzeuger die Artenvielfalt in der Pfalz schrittweise weiter fördern und dauerhalt helfen, diese zu erhalten!

Die Erfolgsgrundlage für weiteres Wachstum: nur der Dialog schafft Akzeptanz

„Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ stärkt und vernetzt Ökosysteme. Parallel fördert das Projekt gezielt den Dialog und schafft damit die Bereitschaft, sich aktiv für den Artenschutz zu engagieren. Hans-Jörg Friedrich, Vorstand bei Pfalzmarkt eG sagt: „Um Erkenntnisse zu erhalten, wie sich Artenschutz in der Pfalz am besten umsetzen lässt, wird Pfalzmarkt eG gemeinsam mit den Wissenschaftspartnern alle Erkenntnisse zentral auswerten und den Genossenschaftsmitgliedern zur Verfügung stellen!“

Besondere Anforderungen im Gemüseanbau werden berücksichtigt

„Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ fokussiert sich auf Flächen und nicht auf Randstreifen. Es ist eine besondere Herausforderung in einem Gemüseanbaugebiet, Flächen zur Förderung von Biodiversität zu planen, da diese sogenannten Sonderkulturen oft sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen, also zum Beispiel dem Sameneintrag von Wildpflanzen sind. So wächst beispielsweise direkt neben der Artenvielfaltsfläche in Mutterstadt aktuell ein Feld mit Zucchini.

Reinhard Oerther, Vorstand bei Pfalzmarkt eG erklärt: „Es wäre sehr spannend zu erfahren, ob und inwieweit die zahlreichen Insekten die Bestäubung der Nutzpflanzen fördern und damit zu einem sicheren Ertrag beitragen!“ Auch hier wird der Dialog zwischen Wissenschaftlern, Landwirten und der interessierten Öffentlichkeit gesucht und aktiv gefördert, um weitere Akzeptanz zu schaffen.

Flächen, die zuvor für den Gemüseanbau genutzt wurden, sind die Projektbasis

Die wortwörtliche Grundlage für „Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ bilden Flächen, die bislang ausschließlich für den Gemüseanbau genutzt wurden. Als Alleinstellungsmerkmal beziehen die Wissenschaftler – ergänzend zu Insekten, wie Wildbienen, Laufkäfern oder Faltern – auch Vögel, Reptilien und Amphibien als wichtige Artengruppen mit in das Artenschutzprojekt ein. Bereits seit Herbst 2019 wurden Vorarbeiten ausgeführt. Aktuell sind an sieben Standorten auf einer Gesamtfläche von mehr als 3,5 Hektar mehrjährige Blühflächen angelegt. Die Zusammenstellung der Saatgutmischungen sowie die Auswahl und Struktur der Habitate erfolgte nach den Vorgaben der entsprechenden Fachwissenschaftler bei IFAUN und Natur Südwest.

Über Generationen denken und handeln

Da der Mensch – beispielsweise auch durch eine fortschreitende Bebauung – immer mehr Landraub an dieser Kulturlandschaft betreibt, wurde der Lebensraum in der freien Landschaft verringert. Parallel haben Zwischenflächen in der Kulturlandschaft für seltene Arten an Qualität eingebüßt und sie sind nur unzureichend miteinander vernetzt sind. Aufgrund der besonderen Verbundenheit mit den natürlichen Lebensgrundlagen ist sich Pfalzmarkt eG als Genossenschaft, die in Zeiträumen von Generationen denkt und handelt, dieser Herausforderung besonders bewusst. Die Artenvielfalt-Flächen befinden sich bei Böhl-Iggelheim, Schauernheim, Lambsheim und Mutterstadt. Sie sind jeweils mit einem Schild „Pfalzmarkt schafft Artenvielfalt“ gekennzeichnet.

Weitere Informationen über das Projekt, die Dokumentation und den Projektverlauf finden Interessierte unter www.pfalzmarkt.de/pfalzmarkt-schafft-artenvielfalt.

Quelle: Pfalzmarkt für Obst und Gemüse eG

Veröffentlichungsdatum: 19.07.2021

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