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Fruchtwelt Bodensee: Branche diskutiert Maßnahmen zum Erhalt der heimischen Obstproduktion

22. Februar 2024

Eine Steigerung der Wertschöpfung durch betriebswirtschaftliche Analysen, den Anbau von Birnen und robusten Sorten, oder Digitalisierung und Agri-PV: Es gibt viele mögliche Ansätze, um weiterhin die Produktion von Lebensmitteln in Deutschland und der Region zu erhalten. Im Vorfeld der Fruchtwelt Bodensee (23. bis 25. Februar 2024) zeigt sich deutlich: Die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland bringen gerade Erzeugerfamilien des handarbeitsintensiven und witterungsabhängigen Obsts an die Belastungsgrenze.


Fruchtwelt Bodensee erwartet 350 Aussteller. (Foto © Fruchtwelt Bodensee) ​ 

Nach einer ertragsreichen Ernte im Jahr 2022, wurden im Jahr 2023 mit 226 000 Tonnen rund 13 Prozent weniger Tafeläpfel am Bodensee geerntet. Diese können derzeit aber höhere Marktpreise erzielen, da die Ernte in Deutschland und Europa geringer ausfiel. Auffallend ist, dass die deutsche Produktion von Tafelbirnen um drei Prozent auf 37 000 Tonnen zugenommen hat, am Bodensee konnten im Jahr 2023 sogar 13 Prozent mehr Birnen als im Vorjahr geerntet werden bei sehr guten Marktaussichten.

Fruchtwelt Bodensee 2023
Foto © Fruchtwelt Bodensee

Ein hohes Niveau erreicht die Fruchtwelt Bodensee 2024 mit der Zahl von 350 Ausstellenden aus 15 Nationen. „Unabhängig von der wirtschaftlichen Branchensituation sind wir Marktplatz und wichtige internationale Plattform für Information und Austausch. Die Messebesuche der Landwirtschaftsminister von Bund und Land, Cem Özdemir und Peter Hauk, unterstreichen den hohen Stellenwert, den die Fruchtwelt Bodensee in der Branche für Obstbauern, Landwirte und Brenner einnimmt“, betonen Messe-Chef Klaus Wellmann und Projektleiterin Sharon Kommer. Fundierte Vorträge, die mit Partnern der Branche organisiert werden, zeichnen das Programm der 42. Bodensee-Obstbautage aus. In der Eröffnungsveranstaltung mit anschließender Podiumsdiskussion befassen sich Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Obstbau, Vertrieb und Gesellschaft, mit den Stellschrauben entlang der Wertschöpfungskette für eine zukunftsfähige, regionale Obstproduktion. „Den landwirtschaftlichen Betrieben wurden in den letzten Jahren übermäßig viele Einschränkungen, Mehrbelastungen und bürokratische Gesetze auferlegt. Dabei belasten die gestiegenen Energiekosten, der hohe und weiter steigende Mindestlohn sowie die zunehmenden Ernterisiken die Obstbauernfamilien zu stark.

Seit September 2023 sind die Erlöse für Tafeläpfel zwar auch für die Produzenten gestiegen, der Zuwachs wird jedoch größtenteils direkt durch die gestiegenen Produktions- und Vermarktungskosten wieder aufgezehrt und eine Kostendeckung noch nicht erreicht. Die Nachteile im Wettbewerb mit den anderen europäischen Ländern und der hohe Preisdruck führen nach und nach zur Aufgabe unwirtschaftlicher Kulturen und ganzer Betriebe. Es droht eine zunehmende Verlagerung der bisher heimischen Obstproduktion in das europäische Ausland und die noch stärkere Abhängigkeit von Importen“, erklären Erich Röhrenbach und Thomas Heilig, die beiden Vorsitzenden des Verbands Obstregion Bodensee und betonen: „Unser Ziel ist es, dass künftig wieder eine stabile Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg der heimischen Betriebe, Umweltschutz und gesellschaftlichen Anforderungen erreicht werden muss.“

Einige Einflussgrößen in der Produktion werden auf der Fachmesse in Friedrichshafen durch Vorträge näher beleuchtet, wie beispielsweise der Anbau robuster Sorten, die in Modellanlagen bereits getestet werden. Interessant ist eine Studie zum CO2-Fußabdruck der Bodensee-Äpfel. Ein großer Faktor ist dabei die Kühlung. Von Bedeutung sind daher auch die Ergebnisse des Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB), das erstmals unter Praxisbedingungen nachhaltige Kältesysteme der Zukunft getestet hat und seine Erfahrungen in einem Vortrag teilen wird. Außerdem fasst das KOB erste Ergebnisse seiner Untersuchung in der Agri-Photovoltaik-Versuchsanlage zusammen, die der Frage nach ging, ob und bei welchen Apfelsorten ein gesundes Wachstum und ein hochwertiger Fruchtertrag möglich ist.

Fruchtwelt Bodensee Birnen
Foto © Fruchtwelt Bodensee

Anbau von Birnen mit Potenzial

Die vermehrte Produktion von Birnen regt der renommierte Obstmarktexperte Helwig Schwartau an: „Das Absatzpotenzial im deutschen Birnenmarkt wird nicht genutzt, welche Birnensorten pflanzen?“ heißt sein Vortrag. Derzeit werde nur 20 Prozent des Inlandbedarfs durch eigene Produktion abgedeckt und der Lebensmitteleinzelhandel wünsche sich mehr Lieferkontinuität bei deutschen Birnen. Die Zahlen sprechen für sich: Europaweit wurden mit 1,7 Millionen Tonnen rund 13 Prozent weniger Tafelbirnen geerntet als im Vorjahr, Deutschland produzierte 37 000 Tonnen davon. Im Bodenseeraum wurden mit 8 000 Tonnen rund 12 Prozent mehr Tafelbirnen geerntet als im Vorjahr bei guter Preisentwicklung für die Produzenten.

Digitalisierung: Forschung an bahnbrechenden Entwicklungen

Gerade im Hinblick auf den stetig steigenden Mindestlohn gewinnt das Thema Digitalisierung an Bedeutung. „Man rechnet mit rund 600 Arbeitsstunden pro Hektar Kernobstanlage im Jahr und realistisch betrachtet wird der Mindestlohn bald bei 14 Euro pro Stunde liegen“, rechnet Dr. Hermann Gabele, Leiter des Landratsamtes Bodenseekreis und betont: „Mit der Digitalisierung ergeben sich viele nutzbringende Möglichkeiten für Landwirte und die gesamte Agrarbranche. Speziell im handarbeitsintensiven Sonderkultur- und Kernobstanbau hat die Digitalisierung das Potenzial, die landwirtschaftlichen Verfahren zu optimieren, die Umweltwirkungen zu verbessern und die Wettbewerbskraft der Betriebe zu stärken. Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Jahren digitale und automatisierte Entwicklungen im Kernobstbereich angeboten werden.“ Welche Möglichkeiten derzeit bereits existieren und an welchen Optionen geforscht wird, zeigt eine Vortragsreihe am Messe-Sonntag.

Streuobstwiesen sorgen für edle Tropfen in herausfordernder Zeit

Fortschreitender Bürokratismus, eine überregional kleine Ernte durch Frostausfälle, stark gestiegene Gaspreise mit den damit verbundenen hohen Kosten für Flaschen: Kleinobstbrenner stehen vor großen Herausforderungen und auch die Forderungen an die Politik sind klar: „Unter anderem steht eine Kontingenterhöhung von 300 auf 500 Liter im Raum, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern“, berichtet Andreas Metzler, Landesvorsitzender des Verbands der Klein- und Obstbrenner Südwürttemberg-Hohenzollern und betont: „Unsere ökologisch wertvollen Streuobstbestände halten wunderbare Früchte für uns bereit. Brennen ist ein hohes Kulturgut, das wir pflegen.“ Und so präsentiert der Verband an seinem Stand auf der Fruchtwelt Bodensee edle Tropfen seiner Mitglieder, die bei der Landesprämierung von Bränden und Likören mit Gold und Silber ausgezeichnet wurden. „Das Spiel mit den Aromen ist faszinierend und auch die jüngere Generation interessiert sich wieder mehr für die Herstellung. Das zeigt sich beispielsweise an der steigenden Teilnehmerzahl der Abschlussklassen zur Fachkraft im Brennereiweisen“, berichtet Metzler.

Veröffentlichungsdatum: 22.02.2024

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