"Wir haben gezeigt, dass es Plastik nicht braucht"
Mit Obst- und Gemüsenetzen aus Zellulosefasern hat das Grazer Verpackungszentrum den Markt erobert. Ins Jahr 2024 startet man mit einer Auszeichnung. Wie das Unternehmen zum Pionier für biologisch abbaubare Verpackungen wurde, berichtet die Österreichische Kleine Zeitung.
Mit Jac. Vandenberg, Inc. wurde einer der führenden Obsthändler in den USA und Kanada kürzlich mit einem „Innovation Award“ ausgezeichnet. Warum da in Graz die Korken knallten? Das Unternehmen verpackt seine Orangen und Zitronen in „Packnatur“-Netze Made in Styria. Entwickelt wurde die umweltfreundliche und biologisch abbaubar Alternative zu Plastiknetzen vom Grazer Verpackungszentrum (VPZ). Es ist nur einer von zahlreichen nationalen und internationalen Preisen, die das VPZ in seiner Firmenchronik verzeichnen kann.
Algen & Zuckerrüben statt Plastik
Ihren Anfang nahm die Erfolgsgeschichte freilich mit wenig erbaulichen Ereignissen: Überquellende Mülldeponien, die Algenpest an der Adria und der riesigen Müllteppich, der im Pazifik entdeckt wurde, waren Helmut Meininger und seinen Töchtern Susanne Meininger und Bettina Reichl ein Auftrag. Das Unternehmen, das 1982 als Handelshaus für Lebensmittelverpackungen gegründet wurde, startete in den 90er Jahren in Zusammenarbeit mit der TU Forschungsprojekte, um Alternativen zum allgegenwärtigen Plastik zu finden, das man selbst im Sortiment hatte. „Algen, Zuckerrübenschnitzel und andere pflanzliche Reststoffe wurden dabei als Basis für Biokunststoffe erprobt“, erinnert sich Bettina Reichl, im Unternehmen unter anderem für Forschung und Entwicklung zuständig.
30.000 Tonnen Netze jährlich
Zur Erfolgsgeschichte wurde schließlich die Idee, Zellulosefasern, die von der Lenzing AG aus Buchenholz hergestellt werden, als Rohstoff für Obst- und Gemüsenetze einzusetzen. „Ein Meilenstein für uns war dann, als Rewe sich vor elf Jahren dazu entschloss, seine Bioprodukte nicht in Plastiknetzen, sondern in unseren biogenen Netzen zu verkaufen“, erinnert sich Susanne Meininger. Heute sind die „Packnatur“-Netze nicht nur in allen großen Supermarktketten Europas zu finden, sondern auch in den USA und Neuseeland. 30.000 Tonnen Gemüse- und Obstnetze kommen allein in Europa jährlich zum Einsatz. Fünf bis sieben Prozent davon werden dank des Grazer Unternehmens nicht mehr aus Kunststoff, sondern aus Zellulose erzeugt. Der Rohstoff dafür fällt bei der Durchforstung heimischer Wälder an. „Wir haben gezeigt, dass es Plastik nicht braucht. Es macht uns schon stolz, dass wir als Familie etwas bewegen konnten“, freut sich Meininger.
Vier Produktionshallen in der Oststeiermark
Der Erfolg brachte innerhalb von vier Jahrzehnten einen kompletten Wandel des Unternehmens. Mit den Gewinnen des Handelshauses finanzierte man mehr als zwanzig Jahre lang die schrittweise Entwicklung und Markteinführung biogener Verpackungen und den Aufbau des „Packnatur“-Werks im oststeirischen Neudau, wo die Netzschläuche aus Zellulose heute hergestellt werden. 2019 wurde dort die erste Produktionshalle errichtet, im Dezember bereits die vierte eingeweiht. Hergestellt werden vom VPZ auch verwandte Produkte, wie kompostierbare Mehrwegbeutel, die man für die Schweizer Coop-Gruppe produziert.
Seit Ende 2023 ist das Handelshaus nun Geschichte, das Unternehmen konzentriert sich in Zukunft ausschließlich auf seine eigenen, kompostierbaren Produkte - und will weiter Pionier bleiben. „Wir arbeiten an Einsatzmöglichkeiten außerhalb des Lebensmittelhandels“, gibt Bettina Reichl einen ersten Ausblick. Das Familientrio hat weiterhin ein Auge auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Susanne Meininger, 2022 von „Frau in der Wirtschaft“ und der Zeitung „Die Presse“ zur Unternehmerin des Jahres gekürt, hat sich mit Ende 2023 aus der Geschäftsführung zurückgezogen. Die operative Geschäftsführung in Graz und Neudau liegt in den Händen von Markus Kainer und Manfred Kern.
Quelle: kleinezeitung.at
Veröffentlichungsdatum: 22.02.2024