Agri-Photovoltaik: Solarmodul im Gewächshaus
Die dichroitischen Spiegel des Schweizer Start-Ups Voltiris SA teilen das Sonnenlicht im Gewächshaus in verschiedene Farbspektren auf. Das über den Kulturen montierte System produziert so Solarstrom, ohne das Pflanzenwachstum zum beeinträchtigen.
Im Gewächshaus von Alexandre Cudet und Patrice Brestaz in Troinex GE sorgen seit Ende August nicht nur die Cherry-Tomaten für Farbe. Denn zwischen den Gläsern und dem Energieschirm sind dort seit diesem August Module mit speziellen Gläsern montiert, welche das Sonnenlicht in die natürlichen Spektralfarben aufspalten.
Genauer handelt es sich um sogenannte dichroitische Spiegel, welche das Licht filtern, erklärt Jonas Roch vom Start-up Voltiris SA aus Lausanne. Der Physiker gründete das Unternehmen offiziell im März 2022 zusammen mit Nicolas Weber und Dominik Blaser, sie beschäftigen heute 11 Personen.
Ihre Idee: Die Erzeugung von Solarstrom im Gewächshaus ohne Ertragsverlust bei den Kulturen. Wie das geht, erklärt Roch so: «Wir filtern das Licht heraus, welches die Pflanze nicht für die Photosynthese benötigt, und führen dieses in konzentrierter Form auf eine schmale Solarzelle, die damit Strom produziert.»
Versuche von Agroscope haben gezeigt, dass es unter den Modulen bei den Kulturen zu keinen Ertragsverlusten kommt. (ep)
Gemüsegärtner stellt Fläche zur Verfügung
Gemüsegärtner Alexandre Cudet findet das Konzept interessant und stellt deshalb einen Teil des Gewächshauses für ein Pilotprojekt zur Verfügung. Den Anfang machten 100 m2 Fläche in diesem Sommer. «Die Messungen in den ersten Wochen zeigen, dass sich die Filterung des Lichts im erwarteten Rahmen bewegt», stellt Roch zufrieden fest.
In der nächsten Phase wird die Fläche nun auf 1000 m2 erweitert, um in der kommenden gesamten Anbausaison weitere Daten zu sammeln. Im Zentrum steht dabei – neben dem Stromertrag und der Mechanik – vor allem die Entwicklung der Tomatenerträge.
Nicolas Weber ist zuversichtlich: «In Versuchen von Agroscope mit Basilikum, Tomaten und Peperoni ist es unter den Filtern zu keiner Reduktion bei den Erträgen gekommen.»
Nicolas Weber und Jonas Roch von Voltiris SA mit Gemüsegärtner Alexandre Cudet (Mitte). (ep)
Eigenverbrauch steigert Unabhängigkeit
Neben dem Projekt in Genf (finanziert von Romande Energie, unterstützt von Bundesamt für Energie, Klimastiftung Schweiz und Services Industriels Genevois) kommt nächstens eines in der Region Basel dazu. Zudem sind weitere Module in Gewächshäusern über verschiedenen Pflanzkulturen in den Niederlanden, Frankreich und Spanien montiert.
Falls sich das Ganze in der Praxis bewährt und tatsächlich keine Ertragsminderungen in den Kulturen stattfinden, werden Kosten und Ertrag der Voltiris-Module darüber entscheiden, ob sich ein Betrieb für eine Investition entscheidet.
Weil das Modul aus auf dem Markt verfügbaren Standardkomponenten hergestellt wird, rechnet Nicolas Weber mit der angepeilten Massenproduktion mit marktfähigen Kosten. Auf Zahlen wollen sich die Voltiris-Gründer hier aber noch nicht herauslassen.
Gewächshäuser sind für Voltiris auch deshalb interessant, weil deren Strombedarf hoch ist und die Betriebe mit dem Eigenverbrauch von Solarstrom ihre Abhängigkeit von externer Energie reduzieren können. Jonas Roch rechnet mit einer Leistung von 400 kWp Solarstrom pro Hektare, oder grob gerechnet rund 500'000 kWh Strom pro Jahr.
Keine Baugenehmigung nötig
Doch Nicolas Weber sieht noch weitere Faktoren, welche für ihr System sprechen. Zum einen auf der Genehmigungsseite: «Da das System im bestehenden Gewächshaus montiert wird und von aussen nicht sichtbar ist, bestehen keine baurechtlichen Hürden.» Die Montage der Module sei zudem einfach und die zusätzlich notwendigen elektrischen Installationen hielten sich in Grenzen.
Und dann gebe es weitere interessante pflanzenbauliche Aspekte: So sorgten die Module beispielsweise in Spanien für eine deutliche Temperaturreduktion, was vor allem im Hochsommer von Vorteil ist. Zudem hätten sie in einem anderen Fall festgestellt, dass der Befall mit dem Schädling Thrips in Gurken unter den Filtern geringer war.
«Vermutlich fehlt den Insekten dort das gelbe Licht auf den Pflanzen, welches sie sonst anzieht, wir bei uns aber für die Solarstromproduktion verwenden», erklärt Roch. Mit der Kommerzialisierung ihres Produkts rechnen die beiden Ende 2024.
Quelle: lid.ch
Veröffentlichungsdatum: 15.01.2024
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