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BWGV: Corona kann zu Renaissance von Genossenschaften führen – gutes Jahr 2019

16. Juni 2020

Das vermutet der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV). „Die Menschen merken jetzt, wie wichtig und wertvoll regional tätige Unternehmen sowie vor Ort erzeugte Produkte und Dienstleistungen sind – in der Landwirtschaft, aber auch in vielen anderen Bereichen. Genau das leisten unsere Genossenschaften“, sagt Dr. Roman Glaser, Präsident des BWGV, anlässlich der Veröffentlichung der Bilanzzahlen für das Jahr 2019 in Stuttgart.

Foto © BWGV
Obstgrossmarkt-Oberkirch Foto © BWGV / Markus Dietze

Die Umsätze der 630 (2018: 627) Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften im Südwesten haben im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf 8,59 Milliarden Euro zugelegt. Das laufende Jahr wird jedoch – wie in praktisch allen Branchen – massiv von Corona überschattet.

Logo„Durch die Pandemie und ihre Auswirkungen erfahren die Menschen gerade sehr viel über die landwirtschaftliche Arbeit und die Notwendigkeit der heimischen Landwirtschaft. Dies sollte zu einer höheren Akzeptanz und Wertschätzung für regional erzeugte Produkte und die Landwirtschaft als Ganzes führen“, sagt BWGV-Präsident Glaser. „Die Bedeutung der regionalen, genossenschaftlich organisierten Landwirtschaft war selten so sichtbar wie heute.“ Daher erhofft er sich durch Corona auch einen langfristigen positiven Effekt für die heimische Landwirtschaft und ihre Genossenschaften, aber auch für genossenschaftlich organisierte Unternehmen anderer Branchen. „Corona kann eine große Chance für unsere Genossenschaften und die genossenschaftliche Idee sein“, ist Glaser überzeugt. Denn neben den nachhaltigen und seriösen Geschäftsmodellen zeichnet diese bewährte Rechts- und Unternehmensform vor allem auch ihre lokale beziehungsweise regionale Ausrichtung aus. Eine Prognose, wie stark die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Landwirtschaft letztlich sein werden, wagt der Präsident zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Fest steht für ihn nur: „Die gesamte Branche leistet gerade Unvorstellbares. Die Bäuerinnen und Bauern im Land stellen sich mit aller Kraft den Herausforderungen und ihrer Verantwortung, die Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen.“ Darauf verweist auch die neue, sehr gelungene  Image-Kampagne „Wir versorgen unser Land“ des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums, an der sich etliche Genossenschaften aus dem Südwesten beteiligen.

Genossenschaften: Neuer Mitgliederrekord in Baden-Württemberg

Die Zahl der Genossenschaftsmitglieder in Baden-Württemberg legte im vergangenen Jahr um weitere 12.900 auf nun nahezu 3,96 Millionen zu – ein neuer Rekordwert. 14 Genossenschaften sind 2019 in den unterschiedlichsten Feldern gegründet worden, in diesem Jahr war es wegen Corona mit der Tübinger Xäls eG erst eine. Einen Schwerpunkt bei den Gründungen der vergangenen Jahre bilden Genossenschaften im kommunalen Umfeld: Neben der ärztlichen Versorgung stehen Themen wie Mobilität, Betreuung, Pflege, Bildung und die Entwicklung von Stadtquartieren auf der Agenda. Hierfür hat das Landesministerium für Soziales und Integration gemeinsam mit dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband das  Förderprojekt „Genossenschaftlich getragene Quartiersentwicklung“ gestartet. Es richtet sich an alle Initiativen und Projekte im Südwesten, die gemeinsam ihr Quartier gestalten und genossenschaftlich verwalten wollen, und bietet diesen professionelle Unterstützung bei der Umsetzung an.

Landwirtschaft: Gute Umsätze in herausfordernden Zeiten

Die 317 landwirtschaftlichen Genossenschaften in Baden-Württemberg haben ihre Umsätze im Jahr 2019 um 4,2 Prozent auf 3,65 Milliarden Euro gesteigert. In der allgemeinen Warenwirtschaft stiegen die Erlöse der 43 Genossenschaften (inklusive des Warengeschäfts der Genossenschaftsbanken) um 2,3 Prozent auf 1,13 Milliarden Euro. Die ZG Raiffeisen sowie die Bezugs- und Absatzgenossenschaften (BAG) bringen das Getreide der Landwirte an den Markt, bündeln für diese den Einkauf von Futter- und Düngemitteln und verkaufen Maschinen, Heizöl und Kraftstoffe. Die Genossenschaften unterstützen ihre Mitglieder mit Preisabsicherungsmodellen, die für die Landwirte in einer zunehmend volatilen Situation Risiken begrenzen helfen. „Genossenschaften sind in sämtlichen landwirtschaftlichen Sparten geradezu existenziell wichtig“, betont Glaser. Die Umsätze der 21 Obst-, Gemüse- und Gartenbau-Genossenschaften haben sich im Jahr 2019 um 11,9 Prozent auf 491 Millionen Euro erhöht. Die 108 Winzer- und Weingärtnergenossenschaften in Baden-Württemberg legten bei den Umsätzen um 1,6 Prozent auf 537 Millionen Euro zu. Molkereien und Milcherzeuger können ebenfalls auf ein solides Jahr zurückschauen: Die Umsätze der sechs genossenschaftlichen milchverarbeitenden Betriebe stiegen 2019 um 3,4 Prozent auf 825 Millionen Euro. Ein deutlicher Umsatzanstieg um 9,2 Prozent auf 439 Millionen Euro gelang zudem der Viehwirtschaft. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Strukturwandels verringerte sich die Zahl der Mitglieder bei landwirtschaftlichen Genossenschaften um 988 auf 97.562.

Gewerbliche Genossenschaften solide unterwegs

Der Gesamtumsatz aller 313 gewerblichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften in Baden-Württemberg legte um 1,7 Prozent auf 4,94 Milliarden Euro zu. Die gewerblichen Genossenschaften decken fast die gesamte wirtschaftliche Bandbreite ab – vom Kinderarzt über Handelsgenossenschaften, Kooperationen aus dem Handwerk, Energiegenossenschaften und Dorfläden bis hin zu Kaminbauern, Softwareschmieden und Beratern. Die Zahl der Mitglieder im gewerblichen Bereich stieg im vergangenen Jahr um 2.557 auf 76.650. Nahezu zwei Drittel des Umsatzes in der Gruppe der gewerblichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften entfallen auf die zwölf Genossenschaften des Fachhandels (darunter Intersport und Euronics). Sie verzeichneten einen Umsatzanstieg um 1,1 Prozent auf gut 3,15 Milliarden Euro. Mit einem Umsatzwachstum von 2,2 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro war die Entwicklung der 27 Genossenschaften des Handwerks 2019 ebenfalls positiv. 12.040 Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg sind bereits genossenschaftlich organisiert. Die 148 Energiegenossenschaften erwirtschafteten im Jahr 2019 einen Umsatz von 350 Millionen Euro, was einem Plus von 5,3 Prozent entspricht. Hinter den Energiegenossenschaften stehen mittlerweile 39.750 Einzelmitglieder. Der BWGV sieht für Energiegenossenschaften besonders in den Bereichen Nahwärme, Mieterstrommodelle, Elektro-Mobilität und bei Kooperationen untereinander sowie mit Kommunen oder Stadtwerken noch erhebliches Potenzial.

Quelle:BWGV

Veröffentlichungsdatum: 16.06.2020

Schlagwörter

Corona, Renaissance, Genossenschaften, BWGV