Fairtrade Österreich: CSDDD als Schlüssel zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt
Das Europäische Parlament hat am 24.April 2024 für eine bahnbrechende Gesetzgebung gestimmt, die große Unternehmen in der EU dazu verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Aktivitäten und Lieferketten auf Menschenrechte und Umwelt zu berücksichtigen. Dieses Gesetz wird existenzsichernde Einkommen, existenzsichernde Löhne und verantwortungsvolle Einkaufspraktiken auf die Tagesordnung aller großen Unternehmen setzen.
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Es ist wichtig, diese Errungenschaft zu feiern und flankierende Maßnahmen zu klären, damit die Umsetzung möglich wird und Wirkung zeigt. Um die nächsten Schritte zu unterstützen, haben das Fair Trade Advocacy Office, Fairtrade International, Rainforest Alliance und Solidaridad ein Papier zur Information und (finanziellen) Unterstützung von Kleinproduzenten weltweit veröffentlicht.
Unterstützung für existenzsichernde Einkommen, verantwortungsvolle Beschaffung und kein Raum für "cut and run"
Kernelemente der CSDDD sind die Anerkennung von existenzsichernden Löhnen und Einkommen als Menschenrechte, die von Unternehmen berücksichtigt werden müssen, sowie die Klarstellung, dass es wichtig ist, die Auswirkungen der Einkaufspraktiken von Unternehmen zu berücksichtigen. Eine weitere wichtige Verbesserung ist die Klarstellung, dass der Ausschluss von Zulieferern im Rahmen des Gesetzes nur als letztes Mittel und in verantwortungsvoller Weise erfolgen sollte. Schließlich sehen wir eine stärkere Formulierung zur sinnvollen Einbeziehung von Stakeholdern, die für eine wirksame menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflicht entscheidend ist.
Unterstützung und Information sind für eine gute Umsetzung notwendig
Auf dem Weg zur Umsetzung kann von den Lieferanten im Allgemeinen und den Kleinbauern im Besonderen nicht erwartet werden, dass sie die Last der ehrgeizigen Ziele dieser Richtlinie allein tragen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass
- Die Leitlinien und Mustervertragsklauseln basieren auf international anerkannten Standards und Leitlinien und machen deutlich, dass es keine ordnungsgemäße Umsetzung ist, die Kosten und die Verantwortung für Menschenrechte und nachhaltige Produktion ohne angemessene Unterstützung auf die Lieferanten abzuwälzen.
- Die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichten sich, den verschiedenen Akteuren in der Lieferkette, der Zivilgesellschaft und den Produzenten weltweit finanzielle Unterstützung und Informationen zur Verfügung zu stellen. Wir glauben, dass die EU-Delegationen eine Schlüsselrolle dabei spielen, sicherzustellen, dass Landwirte, Arbeiter und zivilgesellschaftliche Organisationen von diesem Gesetz profitieren können und dass Akteure in der Lieferkette, die sich in einer schwachen Position befinden, nicht ohne Unterstützung bleiben.
Diese Empfehlungen haben wir in unserem kürzlich veröffentlichten Papier "Supporting the implementation of the EU Corporate Sustainability Due Diligence Directive in global supply chains involving smallholders and their communities" dargelegt.
Die Entstehungsgeschichte der Richtlinie war komplex und verschlungen
Die nun verpflichtende menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflicht basiert auf international anerkannten Standards, die von den Vereinten Nationen und der OECD entwickelt wurden und seit 2011 bestehen, sowie auf bewährten Verfahren und Leitlinien.
Im Februar 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag, der auf einem eigenen Legislativbericht des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2021 basierte. Der Legislativvorschlag hatte großes Potenzial, war jedoch in einigen zentralen Punkten unklar, was zu unbeabsichtigten negativen Folgen für Kleinbauern und andere Akteure in globalen Lieferketten führen könnte, die das Gesetz schützen soll.
Durch die harte Arbeit des Europäischen Parlaments wurden diese Punkte angegangen, und wir haben nun ein Gesetz mit einem viel größeren Potenzial, positive Veränderungen für Kleinbauern, Arbeiter und Handwerker auf der ganzen Welt zu bewirken.
Trotz der Missachtung der Verhandlungen in letzter Minute durch einige Mitgliedsstaaten, die den endgültigen Text im März durch einseitige Änderungen abschwächten, ist die CSDDD ein wichtiger Schritt vorwärts für die Unternehmensverantwortung.
Zitate:
Daniel Amponsah, Asunafo North Municipal Co-operative Cocoa Farmers (Ghana): "Ein existenzsicherndes Einkommen ist ein Menschenrecht, und als Produzenten schätzen wir es, dass die EU dies anerkennt und in der CSDDD zum Ausdruck bringt. Das bedeutet, dass die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, sich dafür einsetzen werden, die Armut unter den Bauern zu verringern. Wir fordern die EU jedoch erneut auf, sicherzustellen, dass es Maßnahmen gibt, die die Umsetzung der CSDDD unterstützen.
Meri Hyrske-Fischer, Fairtrade International: "Da die CSDDD und ähnliche Due-Diligence-Initiativen weltweit an Bedeutung gewinnen, erwarte ich, dass immer mehr Unternehmen ihre Geschäftsmodelle, Einkaufspraktiken, Verhaltenskodizes und Verträge überprüfen werden, um sicherzustellen, dass sie den Standards für verantwortungsvolles Handeln entsprechen.
Catarina Vieira, Solidaridad: "Die CSDDD verlangt von Unternehmen, Menschenrechts- und Umweltprobleme in ihren Wertschöpfungsketten nicht nur zu vermeiden, sondern auch zu beheben. Mit den richtigen flankierenden Maßnahmen können Kleinbauern und -bäuerinnen auf der ganzen Welt erwarten, dass sie dabei unterstützt werden, die Ursachen nicht nachhaltiger Praktiken, wie z.B. Armut, zu bekämpfen".
May Hylander, Fair Trade Advocacy Office: "Wir freuen uns über diesen wichtigen Schritt und fordern die Europäische Kommission auf, klare Richtlinien zu wichtigen Themen wie Einkaufspraktiken, sinnvolle Einbeziehung von Stakeholdern und Einhaltung des Rechts auf existenzsichernde Löhne und Einkommen zu entwickeln, um eine ordnungsgemäße Umsetzung sicherzustellen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Kosten und die Verantwortung nicht allein auf den Schultern der Lieferanten landen".
Quelle: Fairtrade Österreich
Veröffentlichungsdatum: 29.04.2024