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„Dringende Kurskorrektur für den Pflanzenbau erforderlich“ Österreich: Massive wirtschaftliche Herausforderungen im Ackerbau

27. März 2025

Die Wettersituation zum bevorstehenden Frühjahrsanbau ist aktuell das geringste Problem der Bäuerinnen und Bauern. Nach zwar trockenen, aber kühlen Wintermonaten, fielen in der zweiten Märzwoche landesweit rund 30 Liter Regen und sorgten für Entspannung. Steigende Temperaturen führen jetzt in der letzten Märzwoche zum optimalen Start des Frühjahrsanbaus, berichtet das Agrarische Informationszentrum (AIZ). 

„Große Sorgen bereitet dagegen den Ackerbauern die aktuelle Marktlage, welche für massive Verunsicherung sorgt. Die Schließung der Zuckerfabrik in Leopoldsdorf infolge des eingebrochenen Zuckermarkts, der Verlust ganzer Produktionssparten durch den rapiden Abbau von Pflanzenschutzmitteln im Acker-, Obst- und Gemüsebau, neue Zölle und eine CO2-Bepreisung auf Mineraldünger sowie hohe Energiekosten und bescheidene Produktpreise für die bevorstehende Ernte sorgen für gedämpfte Stimmung“, erläutert Landwirtschaftskammer Oberösterreich-Präsident Franz Waldenberger die aktuelle Lage zur bevorstehenden Ackerbau-Saison. 

„Große Hoffnungen ruhen auf der neuen EU-Kommission, die eine stärkere Deregulierung der Auflagen und mehr Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit für die heimische Landwirtschaft verspricht.“ 
 
Pflanzenschutzsituation in der Sackgasse
 
Pflanzenschutzwirkstoffe werden auf EU-Ebene zugelassen, Pflanzenschutzmittel dagegen national. In der EU sind in den vergangenen Jahren massiv Wirkstoffe verloren gegangen und es kommen kaum neue Wirkstoffe nach. So wurde in der EU 2019 der letzte neue chemisch-synthetische Wirkstoff zugelassen und 2022 der letzte Wirkstoff für den Biolandbau. 

Resistenzen bei Unkräutern oder auch Gräser wie der Ackerfuchsschwanz sowie Schadinsekten schädigen vor allem die Ernten im Obst- und Gemüsebau, können aber auch massive Ertragseinbußen im Getreidebau bewirken, wie man am Beispiel von Frankreich und Deutschland sieht.
 
Seitens der EU-Kommission wird über den neuen Agrarkommissar und über den neuen Gesundheitskommissar mehr Pragmatismus und der Wille zu einer Trendumkehr angekündigt. 

Auch der Agrarministerrat fordert eine automatische Zonenzulassung für Pflanzenschutzmittel, ein Faktum das ursprünglich bei der Schaffung von drei Zulassungszonen in der EU beabsichtigt war, aber in der Zulassungspraxis verloren ging. Damit soll ein Pflanzenschutzmittel, welches beispielsweise in Deutschland zugelassen wurde, automatisch auch in Österreich, das sich in derselben Zone befindet, zugelassen werden.

Zölle auf russische Dünger lassen Preissteigerung befürchten
 
Der Dutch TTF Gaspreis (Future März 25) bewegte sich seit Mai 2024 immer zwischen 35 und 45 Euro je Megawattstunde und stieg am 10. Februar überraschend auf 58 Euro je MWh. Bereits Mitte Februar, und damit wenige Tage später, fiel er wieder auf 50 Euro je MWh. Dennoch ziehen die NAC-Preise (Kalkammonsalpeter), die in erster Linie vom Gaspreis bestimmt werden, seit Juni 2024 kontinuierlich an. 

Bezahlte man im Juni 2024 bei der Einlagerungsaktion noch 360 Euro je Tonne, so liegen im Frühjahr 2025 im OÖ Agrarhandel die NAC-Preise bereits über 500 Euro je Tonne. Die aktuell von den EU-27 beabsichtigten Zölle auf russische Düngeimporte, die rund 25 Prozent der in der EU eingesetzten Dünger ausmachen, müssen daher die preislichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft berücksichtigen. So sollen ab 1. Juli 2025 die Zölle auf Stickstoff- und Mehrnährstoffdünger bis 2028 schrittweise steigen und die dazugehörigen Importquoten gleichzeitig sinken.
 
Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und Antidumpingzölle
 
Gleichzeitig müssen europäische Düngemittelhersteller aktuell CO2-Zertifikate kaufen und dies zu einem Preis von momentan 82 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Bis Ende 2025 bekommen die 100 größten europäischen Düngemittelhersteller die Zertifikate refundiert, womit diese Preise beim Düngereinkauf der Landwirte noch nicht aufschlagen.

Mit 1. Jänner 2026 tritt allerdings der sogenannte CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) in Kraft und verteuert sowohl importierte als auch europäisch produzierte Stickstoffdünger um 80 bis 100 Euro pro Tonne NAC (eine Tonne NAC entspricht 0,9 bis eine Tonne CO2). 

„Das heißt im Klartext: Alleine aufgrund CBAM wird sich der wichtigste österreichische Stickstoffdünger ab 2026 um 20 Prozent verteuern. Diese Tatsache senkt weiter die Deckungsbeiträge bei Mais und Getreide und macht die EU-Landwirte gegenüber Drittstaaten noch weniger konkurrenzfähig“, erläutert Waldenberger.
 
Der Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) der EU soll grundsätzlich sicherstellen, dass importierte Produkte den gleichen CO₂-Kosten unterliegen wie in der EU produzierte Waren. Anti-Dumping-Zölle werden eingesetzt, um den unfairen Wettbewerb durch subventionierte Importe zu verhindern. 

So sollen Anti-Dumping-Zölle verhindern, dass subventionierte Produkte den europäischen Markt überschwemmen und die Preise drücken. „Diese Maßnahmen der EU-Kommission waren eigentlich dazu gedacht, um die heimische Landwirtschaft zu stärken und den fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Wir fordern daher, dass im Falle der sich abzeichnenden massiven Verteuerung der heimischen Düngemittel, die EU-Kommission entsprechend gegensteuert“, betont Waldenberger.
 
AMA Gütesiegel Ackerfrüchte – jetzt anmelden!
 
Mit Jahresbeginn 2025 ist die dritte und letzte Richtlinie zum AMA Gütesiegel Ackerfrüchte in Kraft getreten. Damit sind alle Basiskriterien beginnend vom Ackerbau, dem Agrarhandel, den Mühlen und Transportunternehmern bis hin zu den Bäckereien, Backmischherstellern und Lebensmitteleinzelhandel ausgehandelt und fixiert. Erstmals darf Brot und Gebäck mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet werden. Es garantiert, dass das verwendete Getreide in Österreich angebaut, geerntet, gelagert, gemahlen und gebacken ist.
 
Eine starke Informationskampagne soll die Konsumenten nun auch bei Brot und Gebäck zum Partner der österreichischen Landwirtschaft machen. Im Gegenzug verspricht das Gütesiegel neben der österreichischen Herkunft ein hohes Ausmaß an ökologischer Produktion, welches mit dem EU-weit einzigartigen ÖPUL-Programm über Winterbegrünung, Biodiversität sowie Boden- und Wasserschutzmaßnahmen garantiert wird.
 
Über 85 Prozent der Getreidebauern erfüllen, aufgrund des ohnehin hohen Niveaus im Ackerbau, bereits jetzt die geforderten drei ÖPUL-Punkte und auf Initiative der Landwirtschaftskammer wurden für die Ernte 2025 noch weitere ÖPUL-Punkte für die Zielerreichung geschaffen. 

Gerade Oberösterreichs Ackerbauern profitieren von dieser ÖPUL-Punkte-Erweiterung besonders. In unserem Bundesland wird nämlich ein hohes Ausmaß an Begrünung mit Zwischenfrüchten sowie die Maßnahme zur freiwilligen Stilllegung von Ackerflächen praktiziert.
 
„Für die Ackerbauern gibt es keinen vernünftigen Grund, nicht am AMA Gütesiegel Ackerfrüchte teilzunehmen. Es bietet entlang der gesamten Wertschöpfungskette die Chance, den heimischen Getreidemarkt gegenüber Billigimporten abzusichern und über Programme des Lebensmitteleinzelhandels Zuschläge bzw. Mehrwert zu schaffen. Es gilt die klare Empfehlung sich bis 15. April für die Ernte 2025 beim AMA Gütesiegel Ackerfrüchte anzumelden, um damit bessere Vermarktungschancen zu ermöglichen“, erläutert Präsident Waldenberger.

Starke Züchtung sichert Erträge im Klimawandel
 
Das abgelaufene Pflanzenbaujahr war ein Jahr der Wetterextreme. Wenn auch Frost, Starkregen und Hagel zu den spektakulärsten Ereignissen zählen, so war die brütende Hitze von Mitte Juli bis Anfang September für drei Viertel der Schäden in Oberösterreichs Landwirtschaft verantwortlich. 

Rasch wird der Ruf laut nach klimafitten Sorten, die besonders standfest sind, lange Phasen der Trockenheit überdauern und verlässlich stabile Erträge bringen. Die Züchter sind sich einig: Ohne ein Mindestmaß an Regen werden auch in Zukunft keine Sorten Höchstleistungen erbringen.

Ebenso werden auch die Neuen Züchtungsmethoden, aufgrund der komplexen Zusammenhänge im Genom, keine Generallösung für trockenheitsresistente Sorten liefern. Es bedarf auch weiterhin der mit viel Aufwand betriebenen Kreuzungszüchtung, verbunden mit genomischer Selektion. 

In Österreich laufen aktuell 30 Zuchtprogramme, bei denen mit akribischer Kleinarbeit und mit viel Herzblut an der ständigen Verbesserung des Sortenmaterials gearbeitet wird. Jedem Landwirt muss bewusst sein, dass er mit dem Griff zu Originalsaatgut die heimischen Züchter und damit die Sortenentwicklung für die Zukunft sichert.

Die Österreichische Hagelversicherung ist ein wichtiger Partner der Landwirtschaft
 
Eine Maßnahme der Vorsorge bedeutet aber auch die vorhandenen Versicherungen gegen Dürre zu nutzen. Österreich hat durch das Angebot der Hagelversicherung ein sehr gut entwickeltes System mit hoher Beteiligung durch die öffentliche Hand. Die Versicherung hält die Klimaerwärmung nicht auf, aber die Auswirkungen für die Landwirtschaft bei Ertragsausfällen können zumindest abgefedert werden. 

So erfolgt eine laufende Weiterentwicklung der versicherbaren Risiken über Produkte, die von den Ackerbauern in Österreich in hohem Maß angenommen werden. Gerade die Dürreindexversicherung ist, wie die extreme Dürreperiode letzten Sommer zeigte, eine der wichtigsten

Vorsorgemaßnahmen und wird bereits von zwei Drittel der Ackerbauern angenommen. Auch die neu eingeführte Agrar Universal Spezial entschädigt die Ertragseinbußen nun besonders bei hohem Niederschlagsdefizit wesentlich besser wie bisher. Wir sind froh, in Österreich so ein Versicherungssystem zu haben.
 

Quelle: AIZ.info

Veröffentlichungsdatum: 27.03.2025

Schlagwörter

AIZ, Österreich, Herausforderungen, Ackerbau