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Traktordemo der Bauern16. Dezember 2019

In den letzten Wochen waren die Hauptverkehrswege der Großstädte durch Kolonnen von Bauern mit ihren Traktoren abgesperrt oder massiv im Verkehr behindert.

Was ist die Ursache für diese Aufmärsche? Die Bauern fühlen sich ohnmächtig in der Form, wie ihre Produkte von den Marktmittlern zu den Konsumenten gebracht werden und dass in der derzeitigen Form in der Wertschöpfungskette für den Erzeuger/Produzenten kein wirtschaftlicher Preis übrig bleibt.

Früher in der Evolution haben Menschen in solchen Situationen zu Steinen gegriffen, in weiterer Folge ist bei einer gefühlten Machtlosigkeit ein Krieg mit fatalen Folgen entstanden. Statt Steine sind derzeit die Traktoren das Symbol dieser gefühlten Machtlosigkeit. Ein Aufmarsch mit den Traktoren ist eigentlich ein „Überdruckventil“, bevor der Kragen platzt.

Dabei ist die Chronologie dieses „Überdrucks“ an Emotionen erklärbar.

Die Bauern stehen einem sich immer stärker konzentrierenden Lebensmittelhandel gegenüber und haben sich selbst mit ihrem Angebot nicht mitentwickelt. Auf der Einkaufsseite stehen ihnen hoch professionelle Einkäufer gegenüber, deren Vorgänger laufend Mitverantwortung für die gedeihliche Entwicklung des Produzenten in irgend einer Form übernommen haben.

Heute ist es so, dass im Wesentlichen die Marketingabteilungen der großen Kunden diese „Mit-Verantwortung“ mit eingepackt haben in ihre Marketing-Strategien. Dies finden wir dann in Ansätzen in Regionalitäts- und Nachhaltigkeitsprogrammen wieder. In den Generaldirektionen ist verankert, dass man eigentlich schon mit den regionalen Lieferanten zusammen arbeiten sollte.

Massiv verändert hat sich aber das Verhältnis beim Einkauf. Wo früher das Prinzip von Leben und leben lassen da war, dort gibt es heute eine andere Prioritätenliste. Der Einkauf im Gesamtunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, dass der Mitbewerb nicht günstiger einkauft als er selbst. Daher wird der Lieferant (wenn es notwendig ist) für dieses Ziel auch in die Mangel genommen. Der Lieferant bzw. sein Erzeuger davor stehen dieser Situation derzeit hilflos gegenüber.

Da der Bauer diese Situation mit den derzeitigen Möglichkeiten nicht verändern kann, setzt er sich gemeinsam mit den Berufskollegen auf den Traktor und demonstriert seine Hilflosigkeit.

Die Wut seiner Demonstration triff aber den Falschen. Er versperrt zB. Konsumenten seiner Produkte den Weg zur Arbeit. Bei Fortdauer der Demonstration entsteht Frustration genau bei jenem Kunden , der eigentlich sein produziertes Obst und Gemüse kaufen sollte.

Eine Spirale in die falsche Richtung. 

Fritz Prem

KOMMENTARE (2) Artikel kommentieren
17.12.2019
13:31 Uhr
Markus Puder
Auf welcher Demo waren Sie Herr Prem?
In dieser Kolumne haben Sie leider den großen Teil der Menschen vergessen, der hinter uns Bauern stehen. Das war eine sehr überraschende und ermutigende Erfahrung.
Aber in einer Sache gebe ich Recht. Die Stimmung unter den Bauern kocht... Hoffentlich kocht Sie nicht über!
18.12.2019
09:40 Uhr
Fritz Prem
Lieber Markus Puder,
ich war mit meinem Traktor bei keiner der Traktordemonstrationen. Sinn hat eine solche Demonstration eigentlich nur, wenn dadurch die Stimmung "überkocht".
Die Grundmisere verändert sie aber nicht: dass der einzelne Bauer (außer die ganz großen Betriebe) direkt bei einem der großen Lebensmittelhändler anbieten, verkaufen und liefern kann. Er muss sich eines Marktmittlers (Vorverdichters) bedienen. Früher hat es bei den ungeschriebenen Spielregeln des Marktes ausgereicht, die "Händler" (in der ersten Stufe) gegeneinander aus zu spielen und damit einen höheren Preis zu bekommen. Heute ist es so, dass die Vielzahl der Händler sich wiederum bei einigen wenigen Kunden (Lebensmittelhandel) anstellen müssen. Damit ist die Grundlage des berechtigten Unmuts der Bauern festgeschrieben.
Bauern können noch so oft mit ihren Traktoren auffahren, dieses Grundproblem werden sie damit nicht verändern, da sie an der falschen Adresse ihre Hilflosigkeit anbringen.