Österreich bremst erneut bei biologischer Vielfalt und Pestizidreduktion
GLOBAL 2000 fordert: Österreichs Landwirtschaftsminister Totschnig muss die Positionierung seines Ministeriums dringend überdenken! Im Vorfeld des EU-Agrarministerrats am 13. Juni 2022 wollte Österreich zusammen mit neun weiteren Ländern die für den 22. Juni 2022 geplante Präsentation eines Gesetzespakets zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden (SUR) und zur Wiederherstellung der Biodiversität ein weiteres Mal verhindern.
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In einem gemeinsam unterzeichneten Non-Paper nehmen die Mitgliedsstaaten Österreich, Bulgarien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei und Slowenien Bezug auf einen bereits seit März bekannten „Leak“ des Kommissionsvorschlags und äußern „Diskussionsbedarf“ hinsichtlich der darin enthaltenen Vorschläge für die Umsetzung des 50 % Pestizidreduktionsziels der Farm-to-Fork-Strategie. Das Gesetzespaket war bereits einmal verschoben worden. Auch damals hatte Österreich gemeinsam mit überwiegend osteuropäischen Staaten in einem Non-Paper wenige Tage vor der Verschiebung das Gesetzesvorhaben kritisiert.
„Wer zehn Tage vor der anvisierten Präsentation eines von der Industrie stark kritisierten Gesetzesvorschlags laut und öffentlich ‚Diskussionsbedarf‘ moniert, fordert dessen Zurücknahme oder Verschiebung. Dass sich Österreich damit erneut im Lager derer wiederfindet, die eine Ökologisierung der Landwirtschaft im Rahmen des Europäischen Green Deal sabotieren, ist bitter. Viele von uns hatten gehofft, dass sich Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig für eine fortschrittliche, zukunftsfitte europäische Agrarpolitik stark machen wird. Diese Hoffnung wurde enttäuscht“, kommentiert Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000 das neue Schreiben.
Totschnig in den Fußstapfen Köstingers?
Elisabeth Köstinger, Landwirtschaftsminister Totschnigs Vorgängerin, hatte sich in Brüssel als eine der schärfsten Widersacherinnen der Farm-to-Fork-Strategie etabliert. Mit ihrem Rücktritt keimte die Hoffnung auf eine fortschrittliche, mutige Agrarpolitik in Österreich. 52 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaft, Arbeitnehmer:innen- und Konsument:innenschutz, Imkerei, Tier-, Gesundheits- und Umweltschutz sowie humanitäre und kirchliche Organisationen hatten mit einem gemeinsamen Offenen Brief an den neuen Minister appelliert, dafür zu sorgen, dass die EU-Kommission ihre Legislativvorschläge zur Halbierung des Einsatzes und des Risikos von chemischen Pestiziden und zur Wiederherstellung von biodiversitätsfördernden Strukturen am 22. Juni 2022 ohne weitere Verwässerungen vorlegen kann.
Inhalt des Non-Papers: „Wir wollen nicht“
Österreich und die neun überwiegend osteuropäischen Mitunterzeichner stellen in ihrem Schreiben verbindliche Pestizidreduktionsziele grundsätzlich in Frage. Sie argumentieren, dass eine „Verpflichtung zum Handeln anstelle der Verpflichtung, das Ziel zu erreichen“ eine bessere Umsetzung der Rechtsvorschriften gewährleisten würde. Zudem verlangen sie „maßgeschneiderte legislative Lösungen“ die den „einzigartigen Eigenschaften und sozioökonomischen Fähigkeiten der Mitgliedstaaten“ gerecht werden. Auch sei "die Notwendigkeit des Pflanzenschutzes, um ein ausreichendes Niveau der landwirtschaftlichen Produktion aufrechtzuerhalten und die Ernährungssicherheit zu gewährleisten" zu berücksichtigen. „Diese Aussagen sind alarmierend. GLOBAL 2000 fordert angesichts der Biodiversitäts- und Klimakrise von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig dringend eine Neuorientierung der österreichischen Landwirtschaftspolitik“, so Helmut Burtscher-Schaden abschließend.
Quelle: GLOBAL 2000
Veröffentlichungsdatum: 14.06.2022