Die Aufs und Abs der Mini-Kiwi-Produktion in der Schweiz
Noch vor ein paar Jahren glaubten Produzenten und Vermarkter an den grossen Erfolg mit Mini-Kiwis. In den Jahren 2018 und 2019 wurden allein im Kanton Thurgau zwischen 20 bis 30 Tonnen geerntet. Das Interesse der Konsumenten und Detaillisten hingegen blieb gering und das Bereitstellen der zarten Früchte im richtigen Reifestadium ist eine Herausforderung.
Mini-Kiwis. Foto © Eberle Altnau/Lid
Wenn Andreas Eberle in diesen Augusttagen durch seine 40 Aren grosse Mini-Kiwi-Anlage schreitet, nimmt er immer wieder einzelne Kiwibeeren in die Hand und drückt sie mit Daumen und Zeigefinger leicht zusammen. «Bis in zehn Tagen sind sie so weit, dass wir sie ernten können», sagt er und erklärt, dass der Reifeprozess nicht ganz einfach zu managen sei. Bei der Vermarkterin, in seinem Fall in der Landi Seebachtal, müsse dann genaustens beobachtet werden, wann die essreifen Früchte schnellstmöglich zu den Detaillisten und damit zu den Konsumentinnen und Konsumenten gelangen. Seine Mini-Kiwis, die er in seinem Hofladen in Altnau verkauft, lässt er in der Plantage ausreifen und verkauft sie dann erntefrisch an seine Kundschaft: «Das ist natürlich die beste Lösung, unsere Stammkundschaft kennt die kleine Schwester der grossen Kiwi und schätzt sie.» Den Neukunden erkläre das Verkaufsteam die edlen Kiwibeeren und deshalb laufe der Verkauf im Hofladen gut und Liebhaber warten Ende August oft sehnsüchtig auf die Delikatesse.
Schweizweit noch knapp sieben Hektaren
Beim Schweizerischen Obstbauverband heisst es, dass weder Flächen noch Mengen zum Mini-Kiwi-Anbau gesamtschweizerisch vorhanden seien, da diese bei Nischenprodukten nicht gesammelt werden. Hingegen schreibt Peter Schwegler, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Landwirtschaft BLW, dass im Jahr 2017 die grösste Fläche der Mini-Kiwi-Plantagen mit 10,7 Hektaren verzeichnet wurde. Seither sinke die Zahl kontinuierlich und sei nun bei 6,8 Hektaren angelangt. Das sei ein Minus von 4,2 Prozent, während die Flächen bei anderen Erd- und Strauchbeeren ungefähr gleichgeblieben seien. Weder die Anzahl Produzenten noch die Menge der Mini-Kiwis, die gesamtschweizerisch geerntet werden, sei bekannt, schreibt Peter Schwegler weiter.
Mini-Kiwis. Foto © Eberle Altnau/Lid
Grosse Ziele
Vor einigen Jahren hat Andreas Eberle auf seinem klassischen Obstbaubetrieb auf die Produktion von Mini-Kiwis gesetzt. «Wir waren überzeugt, dass wir mit den feinen Früchtchen die Konsumentinnen und Konsumenten begeistern können», sagt er heute leicht resigniert. Er war mit dabei, als Produzenten und die Landi Hüttwilen als Vermarkterin die Interessengemeinschaft Mini-Kiwi gründeten. Die IG hatte grosse Ziele und wollte die Wirtschaftlichkeit fördern, die Wertschöpfung in der Region behalten und den ökologischen und ökonomischen Anbau und die Vermarktung fördern und koordinieren. Die Mitglieder waren vom Potenzial der süssen Frucht überzeugt. Zum einen belebe sie mit ihrem hohen Vitamin-C-Gehalt, dem intensiven Aroma und dem praktischen von der Hand-in-den-Mund-Essen am Ende der Saison. Zum anderen sei die Kultur für die Produzentinnen und Produzenten zwar arbeitsintensiv, doch fallen die meisten Arbeitsschritte auf den Betrieben an und damit bleibe die Wertschöpfung in der Landwirtschaft und sei für die Betriebe interessant. Die Gründung der IG erfolgte im Rahmen eines Projekts Regionale Entwicklung (PRE).
Potential überschätzt
Heute, fünfeinhalb Jahre später sieht die Sache etwas anders aus. Nach den grossen Ernten in den Jahren 2018 von 30 Tonnen, im Jahr 2019 von 20 Tonnen habe sich im Jahr 2020 die Erntemenge geradezu halbiert, sagt Rudolf Grunder, Geschäftsführer der Landi Seebachtal, wie die Landi Hüttwilen heute heisst. Seither sei die Menge auf ungefähr sieben Tonnen zusammengebrochen. Gründe dafür gebe es viele, sagt Rudolf Grunder. Auch sei man möglicherweise zu euphorisch die Sache angegangen. Die IG Mini-Kiwi hätten möglicherweise das Potential überschätzt, zudem war die Mini-Kiwi bei den Konsumentinnen und Konsumenten noch unbekannt. Was bei einem Hofladen gut funktioniert, indem man der Kundschaft die spezielle Frucht erklärt, sie kosten lässt und schliesslich auch zum richtigen Zeitpunkt frisch, süss und fruchtig verkauft, sei bei den Detaillisten enorm viel schwieriger, schildert Rudolf Grunder die Situation.
Als grüne, eher unscheinbare Frucht, brauche die Mini-Kiwi im Ladengestell einen besonders guten Standort um neben den knalligen Erdbeeren, Himbeeren und Brombeeren überhaupt beachtet zu werden. Den Konsumenten fallen die roten Beeren eher ins Auge als die grünen Mini-Kiwis. Zudem sei der Reifegrad wichtig und diesen optimal zu erwischen sei eine hohe Kunst des Vermarkters. Und wenn Konsumentinnen und Konsumenten nur einmal eine überreife oder eine steinharte Mini-Kiwi im Körbchen haben, lassen sie sie das nächste Mal links liegen. Bei einigen Produzenten seien auch Frostschäden dazugekommen und so sei die Anzahl Produzenten im Thurgau auf eine Handvoll Betriebe gesunken. Rudolf Grunder rechnet, dass sich die mögliche Vermarktung bei ungefähr zehn Tonnen einpendelt.
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Quelle: Lid.ch - Sommerserie – Teil 6
Veröffentlichungsdatum: 21.08.2023